Ich mag Falafel. Und ich würde sie gerne auch mal öfter zu Hause essen, weil ich mir da die Soße selbst machen kann und richtigen Salat dazu bekomme, nicht nur einen Haufen geraspelten Rotkohl.
Die Ergebnisse, die ich beim unbekümmerten Draufloskochen bisher erzielt habe, waren aber, vorsichtig ausgedrückt, durchwachsen. Mal wars richtig gut, mal hatten die Falafel die Konsistenz von Golfbällen, mal erodierte die Masse schon beim Braten und verband sich mit dem Fett zu einer gelben Erbsenpampe. Außerdem sind Falafelrezepte erstaunlich unterschiedlich – mal kommt zusätzlich Brot oder Bulgur in die Masse, mal Backpulver. Die meisten Rezepte verwenden eingeweichte, aber nicht gekochte Kichererbsen, manche aber Kichererbsen aus der Dose. Also wie denn nun? Da musste ein systematischer Test her. Und dann hatte ich mir ja, wie kürzlich berichtet, einen Fleischwolf angeschafft, der sich zum Zerkleinern der Masse besonders gut eignen soll, weil die Konsistenz einheitlicher wird als mit Pürierstab oder Küchenmaschine.
Um meinen Mittester und mich nicht zu überfordern (was nützt das subjektiv beste Falafelrezept, wenn man die Dinger nicht mehr sehen kann?) wurde auf parallele Blindverkostung der Ergebnisse verzichtet. Die Rezepte wurden seit Anfang Mai nachgekocht und zwischendurch gabs auch mal was anderes.
Das erste Rezept – Falafel reloaded von Attila Hildmann – stammt von einem Menschen, der sich mit der Falafelherstellung offensichtlich lange Zeit und sehr akribisch beschäftigt hat.
Die Falafelmasse ist das puristischste Rezept im Test, denn sie braucht nur drei Zutaten: Kichererbsen, Petersilie und Gewürze. Das Falafelgewürz habe ich mir selbst aus Koriander, Kreuzkümmel, Zimt, Piment, Nelken, Ingwer, Muskat zusammengemischt und im Mörser zerkleinert. Die Falafelmasse ist nach einmal wolfen relativ körnig und sehr grün und hält nur mit dem zusätzlichen Wasser zusammen. Die Bällchen zerfallen wider Erwarten nicht beim Braten, sondern werden schön knusprig, innen weich und noch etwas körnig. Schon mal ganz gut, so kann es also weitergehen.
Rezept II – Falafel nach Anne Wilson – stammt aus einem Kochbüchlein Libanesische Küche, das es vor ein paar Jahren mal ganz billig auf dem Ramschtisch gab.
Die Zutaten von Rezept I werden hier noch um Zwiebeln und Knoblauch ergänzt, die gleich mit in die Masse gewolft werden. Außerdem kommt etwas Backpulver rein. Die Würzung ist im Vergleich zu Rezept I eher simpel mit Petersilie, Koriandergrün und Kreuzkümmel. Aufgrund der Erfahrungen mit Rezept I habe ich die Masse zweimal durchgedreht (das Kochbuch empfiehlt eine Küchenmaschine, die ich nicht habe).
Die fertigen Falafel werden dadurch feiner in der Textur, was ihnen guttut, die Masse hält gut zusammen und die Bällchen werden sehr knusprig. Zwiebel und Knoblauch sind kaum rauszuschmecken. Die Kräuter sind vielleicht etwas wenig, die Würzung von Rezept I hat mir persönlich besser gefallen. Das Backpulver bewirkt zwar nichts im Hinblick auf Fluffigkeit, könnte aber das Garen der Erbsen positiv befördern - bei Hülsenfrüchten soll man ja allgemein etwas Natron ins Kochwasser geben, weil sie dann schneller weich werden - Backpulver könnte hier das gleiche bewirken.
Rezept III – Falafel nach Susan Ward – aus einem libanesischen Kochbuch vom Könemann-Verlag von 1995 enthält neben Kichererbsen, Zwiebeln und Knoblauch auch noch eingeweichtes Brot und Bulgur, aber kein Backpulver. Die Gewürzmenge ist sehr niedrig angesetzt und verlangt neben Kreuzkümmel und Koriandergrün auch noch Chili und Zitronensaft.
Die fertigen Bällchen sind trotzdem ausreichend würzig. Bulgur und Brot fallen geschmacklich und konsistenzmäßig nicht weiter ins Gewicht. Kann man also reintun, braucht man aber auch nicht. Solides Rezept.
Rezept IV – Falafel nach Rezeptor – verwendet Kichererbsen aus der Dose. Hierher habe ich den Tipp mit dem Fleischwolf, weil eine zu fein geschredderte Masse anscheinend den Zerfallsprozess in der Pfanne beschleunigt. Die Masse enthält außerdem Zwiebeln, Knoblauch und Backpulver und eine Würzung aus viel Petersilie, Koriandergrün, Paprikapulver und Kreuzkümmel. Weil Kichererbsen aus der Dose besonders weich sind und ich das Rezept nicht verfälschen wollte, habe ich tatsächlich die Dosenerbsen verwendet. Bei Erfolg mit diesem Rezept sollte sich noch ein Testlauf mit selbst gekochten Kichererbsen anschließen.
Fazit: Ein Fiasko. Die Masse lässt sich zwar gut formen, die Bällchen zerfallen aber nach einer halben Minute im heißen Fett, vermischen sich damit und bilden einen gelben Schleim. Mit einigen Eßlöffeln Mehl ließ sich aus dem Teig etwas Brat- und Eßbares fabrizieren, das eine leichte Kruste bekommt und innen schmierig-weich ist. Der Geschmack ist im Prinzip ganz in Ordnung, die Konsistenz aber viel zu lasch, geradezu unangenehm. Das Zeug kann man zwar essen, hat mit Falafel aber nichts zu tun. Außerdem stimmen die Mengen im Rezept nicht: 150g abgetropfte Erbsen sind für drei Personen definitiv zu wenig. Ich habe eine kleine Dose mit 240g Einwage genommen, das war ok (vor allem weil bei dem mäßigen Ergebnis niemand Nachschlag wollte). Meistens bin ich ja mit den Rezeptoren sehr einverstanden, dieses Rezept aber funktioniert so nicht.
Rezept V – Falafel nach Chefkoch – ist das beliebteste Falafelrezept bei Chefkoch und von vorneherein als Außenseiter angetreten. Der Falafelteig ist Standard - eingeweichte Erbsen, Zwiebel, Petersilie, etwas Mehl - die Bällchen werden aber auf einem Backblech im Ofen gebacken. Ich dachte, das könnte vielleicht praktisch sein, wenn man für eine Party mal etwas größere Mengen braucht.
Ebenfalls ein völliger Fehlschlag. Die Sache ist total ineffektiv. Die Falafel brauchen ewig, bis sie etwas braun werden, dann sind sie nicht knusprig und schmecken im Endergebnis wie Wellpappe.
Fassen wir also zusammen:
- für zwei Personen sind 100g getrocknete Kichererbsen genau die richtige Menge
- Kichererbsen mindestens 12 Stunden, besser länger, in viel Wasser einweichen
- auf jeden Fall viel Petersilie verwenden (auf 100g Erbsen 1/2 Bund)
- Zwiebeln und Knoblauch sind möglich, aber nicht unbedingt nötig
- Masse relativ fein zerkleinern
- Masse gut salzen, fast überwürzen
- in viel Öl braten
- bei spontanem Hunger lieber den Dönermann des Vertrauens aufsuchen, Finger weg von Dosenerbsen!
5 Kommentare:
Sollte es Dich mal nach Düsseldorf verschlagen, iss mal auf dem Karlplatz, einem Markt in der Stadtmitte ein Flafel (wird wirklich so geschrieben). Das ist die persische Variante mit köstlichen Beigaben wie eingelegtem Rotkohl und Safrankohl - grandios!
Safrankohl? Da muss ich hin! Wegen der uninteressanten Beilagen im Dönerladen bin ich ja überhaupt erst in die Eigenproduktion eingestiegen.
Sehr informativer Beitrag! Danke für die Mühe!
LG
Das klingt doch gar nciht schlecht und Respekt fürs selber machen. Ich bin wohl einfach zu faul um soviel Aufwand zu betreiben. Meistens fange ich eher mit Essen bestellen an wenn mich die Lust auf Falafeln packt, aber du hast schon recht, dass es auch selber geht und schmeckt wohl auch besser.
Danke fürs austesten, genau nach so etwas habe ich gesucht. Auch Attila hat in einem älteren Rezept ( http://www.attilahildmann.com/Falafel/falafel.htm) Knoblauch mit in den Fleischwolf gegeben.
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