Sonntag, 22. Februar 2009

Im Westen wenig Neues

Wenn ich mich mit Leuten unterhalte, welche die hervorstechenden Lokale in Zentrum und Südvorstadt kennen, empfehle ich ihnen gerne das Café Westen. Ich selbst wurde erst durch Lofft-Mitarbeiter darauf aufmerksam und weiß es seit einigen Jahren als sicheren Hafen in einer Gegend zu schätzen, die sonst an kulinarischen Höhepunkten arm ist. Sonst fallen mir in Lindenau nur das noch gar nicht so lange existierende Lindex im gegenüberliegenden Theater der jungen Welt sowie das gute alte Nora Roman in der Schaubühne (einst legendär durch seine "Schnitte Bohème") ein.

Der Name "Café Westen" ist eigentlich ein Etikettenschwindel. Am Wochenende öffnet es erst am späten Nachmittag. Wochentags kann man zwar im Laufe des Tages Menschen beim Latte auf ihre Desktopschirme starren sehen oder bei Projektbesprechungen belauschen, aber abends verwandelt sich das Lokal in eine gemütliche (einst auch sehr verrauchte) Kneipe mit gemischter Klientel aus Theaterpublikum, Kulturschaffenden (gegenüber ist ja auch noch der Kunstraum D 21) und Anwohnern. Den größte Trumpf stellte aber immer die Karte dar, die riesig war und deren umfangreiches Ess- und Trinkangebot durch die Tagesangebote an der Tafel komplettiert wurde. Und das zu sehr bezahlbaren Preisen und in sättigenden Mengen. Höchste Zeit also, dort mal wieder nach dem Rechten zu schauen.


Meine Begleitung und ich waren gezielt zum Essen an den Lindenauer Markt gekommen, also gründlich ausgehungert. Die erste Überraschung des Tages war das im Vorbeigehen als (temporär) geschlossen identifizierte Lindex, die zweite die gähnende Leere im Lokal - wir waren die einzigen, und das samstags um 20:30 Uhr! Dieses Rätsel klärte sich sukzessive durch ständig mit Blumen bewaffnete Gäste, die direkt durch den Küchenausgang wieder verschwanden. Die Stammgäste waren wohl kollektiv bei einer geschlossenen Feier und das Café Westen demnach auch gegen 22 Uhr noch gähnend leer.

Überraschung Nummer drei war die neue Karte - jetzt quadratisch und leider auch stark reduziert, die schiere Unmenge an Wahlmöglichkeiten wurde ordentlich geschrumpft. Auch das Preisniveau hatte ich etwas niedriger in Erinnerung, allerdings liegt es immer noch unter dem Leipzig-Schnitt. Die Bedienung bestätigte, dass schon vor ca. einem Jahr gewechselt wurde und meine geliebten Piroggen rausgefallen waren, aber evtl. aufgrund starker Nachfrage wiederkommen. Wir entschieden uns also für einmal Fleischiges und einmal Vegetarisches von der Tagestafel.

Die Wartezeit bei Black Chai (1,90 €, leider ohne Milch) und Jever aus der Flasche (2,50 €, schön ohne Trinkglas) verbrachten wir bei der Begutachtung der neuen Lampen und Leder-Sitzgarnituren, die etwas Loungiges in die Kneipe bringen, was ich persönlich schade finde, aber sicher auch seine Befürworter hat. Dunkel ist es wie eh und je. Erfreulich wiederum sind derzeit die großformatigen Fotos von Lindenauer Straßenszenen an den Wänden.

Kaum hatten wir die abgebildeten Orte identifiziert, kamen auch schon gleichzeitig die Teller. Meine Begleitung stürzte sich auf die "geschmolzenen Tomaten" (6,90 €), die sich als nur vorsichtig geschmorte Tomatenstücke mit gebackenem Mozzarella und in Olivenöl gerösteten Baguettscheiben entpuppten. Ich bekam mein Thüringer Rostbrätel (7,10 €) unter einer dicken Schicht Zwiebeln mit einem Berg Bratkartoffeln. Dazu gab es einen knackigen, dezent dressierten Salatteller.

Die Tomatenscheiben waren aromatisch, dezent gewürzt und in sättigender Menge vorhanden. Der Käse schmiegte sich angeschmolzen dazwischen, das Brot war stellenweise schon sehr dunkel, aber noch nicht angebrannt - also angenehm knackig. Auch mein Rostbrätel verhieß Gutes - saftiges, nicht zu dickes Fleisch mit Fettresten, knackige Kartoffeln und Zwiebeln, die weder verbrannt noch halbroh waren. Das Vergnügen wurde allerdings sukzessive geschmälert, je näher ich mich an die Fettlache aß, in welcher die Bratkartoffeln schwammen. Noch unangenehmer war aber das Fleischstück, das offensichtlich nach dem Braten warmgestellt worden war, ohne gewendet zu werden. Resultat: Einseitig zäh, faserig, dunkel und pappig.

So blieb nach einem furiosen Auftakt ein leicht mulmiges Gefühl im Magen. Der wurde mit einem 10-jährigen Bushmills (entsprechend der gut ausgestatteten und stellenweise kommentierten Whiskykarte im "richtigen" Glas, nicht im Tumbler für Eiswürfel-Attentate) wieder versöhnt. Auch der Koch nahm die kritischen Anmerkungen zum Braten beim Abservieren höflich, wenn auch kommentarlos entgegen. Da die Rechnung am Ende (für alles zusammen 22,10 EUR) wieder erfreulich günstig ausfiel, bliebt das Fazit: Zwar ist die Küche des Nicht-Cafés weder unfehlbar noch extravagant (und ist es auch nie gewesen), aber nach einer längeren Pause kehrt man doch immer wieder gerne zurück. Hungrig verlässt man das Café Westen nie, die Atmosphäre ist einmalig und beim nächstem Mal steht sicher wieder was anderes auf der Tageskarte.

Sonntag, 15. Februar 2009

Eisenarme Ernährung

Na toll - eigentlich wollten meine Testbegleitung und ich schon seit drei Wochen einer bestimmten Leipziger Lokalität auf den Zahn fühlen, aber zerrüttete Gesundheitsverhältnisse halten uns immer wieder davon ab. Stattdessen hockt man schniefend auf dem Sofa und labt sich an der guten alten Hühnerbrühe - diesmal den Lesern zuliebe sogar selbstgekochter. In den wenigen Frischluftminuten wandert man die Dieskaustraße entlang, um festzustellen, dass der kleine Asiate am oberen Ende, den man aus unerfindlichen Gründen nie betreten hat, keine sauer-scharfen Gerichte mehr feilbietet, sondern solche Imperative:


Wir lernen daraus dreierlei: Die kriminelle Energie im Leipziger Süden ist offensichtlich immer noch hoch, die Metallpreise ebenfalls und wenn der Laden als Nahrungsmittelausgabe keinen Wert mehr hat, so zumindest ein Teil seiner Ausstattung. Und für mich persönlich bleibt als Ausweichmöglichkeit immer noch der kleine Asiatenwagen direkt am Adler oder - viel besser - der Taiwanese in der Riebeckstraße, der hier irgendwann noch mal ausführlicher bejubelt werden sollte.

Samstag, 14. Februar 2009

Bento - Schluss mit Kantine

Mittagessen aus der DoseJapanische Lunchbox auf Deutsch

Die Bento- oder Lunchbox könnte man als kulinarisches Ikebana bezeichnen. Dabei geht es darum, in einer kleinen Büchse einem Mittagsimbiss möglichst ästhetisch und appetitlich zu verstauen. Japanische Mamis befinden sich in einem ständigen Wettbewerb um die am schönsten angerichteten Lunchboxen. Wenn Nippons Nachwuchs mittags kollektiv die Brotdose öffnet, dann geht es um Leben und Ehre. Der Reis ist zerdrückt, der Tofu grau, die Gurke matschig? Geht überhaupt nicht. Schande kommt über die schludrige Mutti und das Kind muss den ganzen Tag allein in der Ecke spielen.

Woher ich das weiß? Weil Wasabi bei ihren Reisen durch das Internet vor einiger Zeit auf Blogs strandete, die sich dem Befüllen von Bentoboxen widmen. Seitdem drückt sie mir morgens immer häufiger einen praktischen Plastikbehälter in die Hand, wenn ich zur Haustür hinausstürme. Darin finde ich dann, säuberlich verstaut, nette Dinge wie knusprige Lauchkuchen, einen Schaschlikspieß vom Vorabend, ein paar Löffelchen Rote-Bete-Salat.

Nicht gerade japanisch, aber einfach lecker und nett anzusehen. Wie auch der Ensalada Rusa - der russische Salat nach spanischer Art. Dazu ein paar kleine Würstchen, ein winziger Käse, süße Tomätchen. Mal sehen, was uns für den Bentoplaner noch alles einfällt. Vielleicht auch mal kalter Reis? Die Kantine mit ihren ausgedörrten Maultaschen, den zerkochten Kartoffeln und Glutamatsuppen jedenfalls sieht mich in letzter Zeit immer seltener.