Donnerstag, 26. April 2007

Pizza-Grundversorgung an der Peripherie: Ristorante Bella Strega in Stötteritz

Es gibt Hunger, Appetit und es gibt den Appetit auf etwas Bestimmtes – zum Beispiel auf eine gute Pizza. Dieses Gelüst kann mangels Steinofen nicht am eigenen Herd gestillt werden – und ein konfektionierter Teigfladen mit fettigem Industriekäse ist nur bei akuter Bettlägerigkeit eine brauchbare Alternative.

Am Dienstag sollte es also einfach eine gute Pizza sein, unkompliziert, günstig, ohne große Ansprüche an Lage und Ambiente des Lokals, Zahl der Mineralwassersorten auf der Karte etc. pp.
Unser erster Weg führte uns daher nach Eutritzsch zum „Da Pepino“, in den vergangenen zwei oder drei Jahren eine sympathische und empfehlungswürdige Adresse für einfache italienische Hausmannskost. Ehrlich betroffen standen wir dann vor einem leergeräumten Laden, in dem ein an die Scheibe geklebter karierter Zettel „GESCHLOSSEN“ verkündete. Anscheinend versagten sogar dem Kugelschreiber ob des Elends die Kräfte, denn in der Mitte des Wortes ging die Tinte aus und die Großbuchstaben waren nur noch ins Papier gekratzt.

Jetzt erst recht entschlossen, von der Lage benachteiligte Stadtteilitaliener zu unterstützen, führte der zweite Versuch nach Stötteritz, in die Holzhäuser Straße 106.
Die „Bella Strega“ befindet sich in einem Neubau am Rande eines hässlichen Frühneunziger-Einkaufszentrums, mit dem man Stötteritz keinen Gefallen getan hat. Schon beim letzten Besuch habe ich bewundert, wie die Restaurantbesitzer es mit Dekokram, großen Topfpflanzen und einigen von der Decke herabhängenden Stoffbahnen schaffen, dass man in dem großen rechteckigen Raum doch ganz angenehme Eckchen hat. Sonst möchte ich bei Restaurantdeko am liebsten die Mistgabel holen, hier aber sehe ich ein, dass es in dem Raum nicht anders geht. Die Tische sind schön eingedeckt und das Italo-Schlagergedudel muss man wohl in Kauf nehmen - immerhin singt der Kellner leise mit.


Ein Ort für ein Pärchenveranstaltung, bei der man einander romantisch in die Augen glotzt, ist das Lokal bestimmt nicht. Dafür aber gruppenkompatibel und kinderfreundlich, an einem der anderen Tische sitzen jedenfalls zwei Frauen mit insgesamt drei Kindern, die sich statt mit dem Essen mit den Wasserschildkröten im Aquarium und mit ihren Gameboys beschäftigen. Hier gehen offensichtlich Leute hin, die in der Nähe wohnen, und, so wie wir, unkompliziert etwas essen wollen.

Mein Begleiter nimmt eine Suppe zum Anfang – Tortellini in brodo, das heißt einige mit Fleisch gefüllte Tortellini in klarer Brühe. Zwar handelt es sich hier anscheinend um ein Fertigprodukt, aber immerhin um ein hochwertiges.
Die Pizzen kosten zwischen 5,20 und 8 Euro und sind nach italienischen Städten benannt. Zwei Kreationen – Pizza mit Spaghetti Carbonara und Pizza mit Spaghetti und Erbsen – finde ich etwas absonderlich – ungefähr so sinnvoll wie Klöße mit Kartoffelbrei. Genauso beunruhigt mich das Tagesangebot auf einer Tafel an der Wand: „Spaghetti mit spicy Brotbröseln“ (??) für 6,50 Euro. Ob das wohl mal jemand bestellt?
Wir bleiben mit unseren Wünschen lieber auf der sicheren Seite (schließlich wollen wir heute das Vertraute und keine Experimente) und ordern die „Pizza Palermo“ mit Thunfisch und Zwiebeln für 6,50 und die „Pizza Benevento“ mit Zucchini- und Auberginenscheiben für 7 Euro. Die Pizzen sind groß und handgeformt – der Bäcker werkelt im Lokal hinter einer gemauerten Theke – in der Mitte flach, reichlich belegt, am Rand fluffig-aufgegangen und knusprig.
Auch Getränke sind im "Bella Strega" äußerst günstig: 0,25l einfacher roter Hauswein kosten 3,20, eine kleine Apfelschorle 1,50 Euro, der Espresso, den wir uns dann noch gönnen, 1,60 Euro.
Alles in allem 25 Euro für zwei Personen für eine sehr solide Vorstellung, Wir sind satt und zufrieden.
Das größte Plus des Abends ist aber der überaus freundliche Kellner, der den hier kürzlich kritisierten Kollegen zeigt, wie das geht. Er fragt nach, ob das Essen in Ordnung ist, erkundigt sich mehrmals nach weiteren Wünschen, flirtet zu deren Entzücken mit der Frauenrunde am Nebentisch und managt den Laden souverän, obwohl es fast voll und er ganz allein ist. Zweimal weist er uns auf den Pizzatag am Mittwoch hin – da kostet jede Pizza nur 4 Euro und man solle unbedingt reservieren. Hoffentlich denken wir daran, wenn der nächste Pizza-Appetit mal an einem Mittwoch kommt.

Dienstag, 17. April 2007

Eine Hausfrau hat das im Gefühl: Hirschfilet, rosa gebraten

Perfektes, gleichmäßig rosa gebratenes, zartes Fleisch: Das esse ich ungeheuer gerne. Meistens aber im Steakhaus, zum Beispiel im hier schon erwähnten Escados. Denn zu Hause ist das nicht einfach. Man braucht Erfahrung, der Profi weiß, wann es gut ist, und die Hausfrau...siehe oben. Und ich? Ich muß mich sklavisch an das Rezept halten und mit der Uhr in der Hand neben der Pfanne bzw. neben dem Backofen stehen.

Eine Gelegenheit dazu ergab sich am letzten Wochenende, denn 500g Hirschrückenfilet (das Objekt eines spontanen Kaufanfalles von Ich mag gutes essen!, der bei einem Besuch in der Markkleeberger Filiale der Pegauer Rossschlächterei Jahr nicht widerstehen konnte) lag seit Donnerstag im Kühlschrank.
Nun gut. Nach einiger Rezeptrecherche im Internet wurde schnell klar, dass ein Old-School-Wildbraten, in Buttermilch eingelegt und eine Stunde geschmort, ganz und gar nicht das richtige ist, sondern dass dieses Filet vom Rothirsch rosa gebraten gehört. Mit der Gefahr, dass es nach meinen dilettantischen Bratversuchen zu blutig ist, oder zu durch und zu trocken - oder zu zäh weil uns da ein Stück Hirschmethusalem angedreht wurde.

Ich hielt mich genau an dieses Rezept für Hirschfiletmedaillons mit Nusskruste, mit halbierten Zutaten, denn wir hatten ja "nur" 500g Filet und für den Anfang ohne die drei Beilagen.

Zunächst ist sorgfältiges Arbeiten wichtig: Das Fleisch quer zur Faser in sechs genau gleich dicke Scheiben schneiden, dann gart es später gleichmäßig. Auf beiden Seiten salzen und pfeffern und Zimmertemperatur annehmen lassen.

Den Tipp des Rezepts, für die Nusskruste eine Tüte Studentenfutter zu kaufen, griff ich dankbar auf, nur erwies sich die Tüte "pittje party nuts" als Enttäuschung, denn der Inhalt bestand fast nur aus Rosinen und Erdnüssen. Es war also kein Problem, 25g Rosinen mit einem guten, großen Messer auf einem Holzbrett sehr fein zu hacken und mit 50g weicher Butter und 40g gemahlenen Haselnüssen zu verrühren. Für die 60g gemischten Nüsse, die gehackt ebenfalls in die Krustenmasse wandern sollen, sortierte ich die wenigen Cashewkerne und Haselnüsse aus, nahm ein paar Erdnüsse dazu (ein Fehler!) und füllte mit Haselnüssen und Mandeln auf, die im Küchenschrank noch vorhanden waren. Das Salzen der Masse erwies sich als schwierig. Salz löst sich in dem ganzen Fett nicht auf, so dass ich auch im fertigen Essen noch das Gefühl hatte, auf ein paar Salzkörnchen zu stoßen.

Für die folgenden Schritte des Rezepts muss man sich einen Zeitplan überlegen: Die Filetstücke werden zunächst in der Pfanne angebraten und wandern nebeneinander in eine leicht gebutterte Auflaufform, werden oben mit der Nussmasse bedeckt und dann noch genau sieben Minuten im vorgeheizten Backofen bei 200 Grad gebacken. In der Zwischenzeit köchelt man in der Pfanne mit Zwiebeln, Rotwein und Preiselbeeren eine Soße, was weit länger als sieben Minuten dauert. Daher also: erst Fleisch anbraten, in die Form legen, in Ruhe die Soße und eventuelle Beilagen fertig machen und dann erst das Fleisch in den Ofen stellen.

Zum Anbraten braucht man erstens eine hochwertige, schwere Pfanne und zweitens Erfahrung. Die Hitze darf nicht so hoch sein wie beim Anbraten von Gulasch oder anderen, für langes Schmoren vorgesehenen Fleischstücken - dann wäre die Scheibchen nämlich schon durch und möglicherweise trockene Schuhsohlen. Also Butter heiß werden lassen, sie darf leicht bräunen, aber nicht verbrennen. Das Rezept verlangt eine Minute Braten pro Seite, das mache auch ich nach Gefühl, stehe dafür den ganzen Tag in der Küche und koche dir dein Ei...ach nein.
Die Nussmasse kommt erst oben drauf, als die Soße fast fertig ist und die Scheiben etwas abgekühlt sind, dann schmilzt sie auch nicht sofort weg.

Hirschmedaillons kurz gebraten mit Nusskruste

Was die Soßenherstellung betrifft fühle ich mich wieder auf der sicheren Seite, das kenne ich, also wird hier nicht mehr genau abgemessen und gewogen.
Ich dünste in der nun leeren Pfanne eine gehackte kleine Zwiebel an und schütte acht zermörserte Wacholderbeeren hinterher. Die schmeckt man in der fertigen Sauce fast nicht mehr, es hätten also noch mehr sein können. Das ganze wird mit einem Glas Sasbacher Rote Halde Spätburgunder Kabinett von 2003 abgelöscht, einem ausgewogenen, aber nicht sonderlich aufregenden Rotwein vom Kaiserstuhl aus dem Vorrat, der auch zum fertigen Gericht ganz gut schmeckte.

Außerdem kamen noch zwei großzügige Esslöffel Wildpreiselbeeren aus dem Glas dazu und einige Suppenkellen selbstgekochter Rinderbrühe. Brühe kochen wir von Zeit zu Zeit in großen Mengen und frieren sie dann portionsweise ein. Einen guten Ersatz dafür weiß ich nicht - im Zweifelsfall lieber Wasser nehmen als versalzene Maggiprodukte.
Das ganze lässt man jetzt einige Zeit kräftig kochen - der Fachmann sagt reduzieren - also die Flüssigkeit wird weniger, der Geschmack bleibt und wird immer konzentrierter. Daher unbedingt mit dem Salz vorsichtig sein und lieber erst zum Schluss salzen.

Wie konzentriert man die Sauce haben will, muss letztlich jeder selbst entscheiden. Ich darf an dieser Stelle verraten, dass im lecker-essen-Haushalt bisweilen Kämpfe ausgefochten werden, weil zwei unterschiedliche Soßenkulturen (viiiiel Soße vs. konzentrierte Soße) aufeinandertreffen. Aber darüber ein andernmal.

Wie auch immer, jedenfalls wird das Eingekochte durch ein feines Drahtsieb geschüttet und leicht durchpassiert. Durch die zerkochten Preiselbeeren und Zwiebeln hat die Soße eine leicht sirupartige Konsistenz und eine glänzende, dunkelrot-braune Farbe.
Für das Abschmecken kann man aus der Ferne nur bedingt Tipps geben. Im Fall dass Soße da ist, die aber nach nichts schmeckt, könnten einige der folgenden Zutaten hilfreich sein (aber nicht alles auf einmal!): Sojasauce, asiatische Austernsauce, Tomatenmark, ein Spritzer guter Weinessig, Sherry, Zitrone, Senf, Pflaumenmus oder andere Marmelade, Honig, süßer Gewürzpaprika oder ausnahmsweise gekörnte Gemüsehefebrühe (möglichst Bio ohne Geschmacksverstärker). Zum Schluss kamen noch ein wenig (etwa drei Esslöffel) Sahne und der Fleischsaft aus der Auflaufform hinein.

Nun näherte sich der Augenblick der Wahrheit: Wie hatte das Fleisch unter der Nusskruste die sieben Minuten im Ofen überstanden? Würde es tatsächlich zart sein?

Hirschmedaillon mit Kloß

Ja, es war zart und rosa. Nur eine Scheibe einen Tick zu blutig - die war wohl zu kurz in der Pfanne. Die Soße konzentriert und köstlich, die Thüringer Klöße so, wie sie sein sollten. Die Nusskruste krustig und nussig, leicht süß und sehr mächtig - leider schmeckten die Erdnüsse sehr durch. Für mich ein bisschen viel Nuss im Essen.

Beim nächsten Mal würde ich die Nüsse für die Kruste sortenrein kaufen und auf keinen Fall Erdnüsse verwenden. Oder doch eine Speckscheibe nehmen und mir ein ganz anderes Rezept ausdenken. Ich könnte mir das Hirschmedaillon mit Nusskruste auch gut mit Beilagen und im Rahmen eines Menus vorstellen, dann aber nur eine Scheibe pro Person, sonst ist das nicht mehr lecker, sondern so, als müsste man eine Tüte Studentenfutter ganz alleine essen.

Sonntag, 15. April 2007

Tobagi und Sakura - Leipziger Asien-Doppel mit Genussgarantie

Gestern gab's für mich eine Gastronomiepremiere - den Asia-Super-Doppel-Kick. Erst koreanisch und und zum Nachtisch noch japanisch in Form einer Ladung Qualitäts-Sushi. Ist zwar schon ein wenig dekadent, aber enorm lecker. Schuld daran war eine liebe Freundin aus Berlin, die gestern zum Tagesbesuch vorbeischaute. Was ich wusste: K. ist ein Genussmensch. Was ich nicht wusste: sie ist eine exzellente Sushikennerin und war gestern richtiggehend ausgehungert. Das wurde mir langsam klar, als wir uns nach einem herrlichen Nachmittag mit Völkerschlachtscheußlichkeitsbesteigung und einem schönen Kaffee am Cospudener See zu dritt ein Restaurant suchten. Die erste Lokalität verwarfen wir, es war uns für diesen Abend schlichtweg etwas zu edel und teuer. Im Zest in Connewitz, dem Favoriten Nummer Zwei, war kurz nach 18 Uhr noch ziemliche Leere, zu essen bekamen wir aber trotzdem nichts, alle freien Tische waren bereits reserviert. Schade. Also Kommando zurück, wieder Richtung Innenstadt.

Tobagi in der Riemannstrasse

Ziel: das Tobagi in der Riemannstraße, wo man, Wirtin und Fotografin Mi Sun sei Dank, originär koreanische Hausmannskost bekommt. Dass wir damit eines unserer Lieblingsrestaurants ansteuerten, gebe ich lieber gleich zu. Auch wenn es längst kein Geheimtipp mehr ist, bekommt man immer ein Plätzchen, frisch zubereitete Köstlichkeiten und genießt einen sehr freundlichen persönlichen Service. K. fühlte sich sofort zuhause in den grünen Wänden. Ausgedörrt von der Besichtigungstour zischten wir beide erstmal schönes kaltes Flaschenbier (2,60 Euro), Wasabi eine Apfelsaftschorle (1,80 Euro). Gezapftes gibt es im Tobagi nicht, was auch nicht weiter stört. Als Vorspeise nahm ich, wie immer, das selbstgemachte Kimchi, wundervoll gewürzt, prickelnd frisch, für Koreaanfänger vermutlich eine Spur zu scharf. K. bestellte den Spinatsalat aus ganzen Blättern (Preis hab ich vergessen), sehr mild mit einer gaumenkitzeligen Sesamnote. Wasabi ließ sich, auch das schon fast Tradition, vier Kimbap mit Gemüse und Surimi-Füllung schmecken. Als flüssige Vorspeise gibt es fast immer Misosuppe (2 Euro), auf die ich diesmal verzichtete.

Wir probierten mit unseren Essstäbchen gegenseitig vom Kimchi und Spinat, waren wieder mal begeistert (K. erstmalig), während in der offenen Küche unsere Hauptgerichte im Wok vor sich hinbrutzelten. Zum Kimbap kann ich diesmal nichts sagen, denn Wasabi hatte die Portion schneller verputzt, als ich die Stäbchen über den Tisch bekam.

Ozinger Bokkum Tintenfisch

Der Kellner wusste schon, dass wir die Stammgäste mit Vorliebe für die scharfe Varianten sind. Aber auch K. zögerte als chiligestählte Asienreisende keinen Moment und hatte - wie ich - den scharfen Ozinger Bokkum geordert. Das ist gebratener Tintenfisch mit Gemüse und Reis für, wenn ich mich nicht irre, 8,50 Euro die Portion. Wasabi hatte sich für das marinierte Hühnchen mit Gemüse zum Reis entschieden, koreanisch Dak Bulgogi (auch um die 8 Euro). Empfehlenswert sind aber auch die verschiedenen Nudelgerichte, es gibt Menüs, etwas von allem findet man in der Kombinationsbox.

Dak Bulgogi Mariniertes Huhn

So stelle ich mir das vor, wenn ich nach Korea käme, dort zum Essen nach Hause eingeladen würde und die Mama ihre seit Generationen überlieferten Hausrezepte auf den Tisch bringt. Und wenn man fragt, ob man noch bisschen Reis haben kann, um ja nichts von der köstlichen Soße zu vergeuden, dann bekommt man mit einem Lächeln noch ein Schüsselchen voll rübergereicht.

Sushiauswahl im Sakura

Und dann beschloss K. noch einen Nachtisch zu nehmen, nicht Süßes, "vielleicht ein Sushi..." Wasabi, bekennende Sushivernichterin ("Könnte ich jeden Tag dreimal essen") schlug einen Lokalitätenwechsel vor und so betraten wir eine Viertelstunde später das Sakura und setzten uns an die Kaitenbar. Das ist das Ding, wo die Sushi-Teller (je nach Farbe zwischen 3 und 4,50 Euro) auf kleinen Holzbooten im Kreis fahren. Mittendrin im Karussel steht der Koch und bastelt seine maritimen und gemüsigen Reisrollen. K. fischte sich gleich ein paar Makirollen mit gebratener Aal- oder Lachshaut, angelte danach eine Insideoutroll (dabei bildet der Seetang eine Innenschicht, klebriger Reis die Außenhülle) und aß ein fritiertes Teilchen, dessen Geschmack Wasabi immer mit treffend mit Backfischbrötchen beschreibt. Irgendwann verlor ich den Überblick, denn ich war selbst mit einem Nigiri mit rosa Fischstücken und einer knusprigen Garnelen-Insideoutroll beschäftigt, die ich mit Wasabi teilte. Hungrig war ich nicht mehr, aber wer kann schon widerstehen, wenn dieses Zeug vor der Nase vorbeigleitet.

Sushi mit gebratener Fischhaut

Höhepunkt aber auch den göttlichen Abschluss unseres reichhaltigen "Desserts" bildete eine fritierte, mit Teriyaki-Soße und knusprigen Reisflocken garnierte Riesengarnele. Zartsaftig, vollmundige Knusprigkeit, das sind so die Attribute die mir dabei einfallen.



Aber jetzt sollte ich mal mit den Lobeshymnen aufhören und als Fazit einfach feststellen: es war der würdige Abschluss eines wunderbaren Tages und Sushi als Dessert zum koreanischen Hauptgericht ist nicht nur möglich, sondern sogar empfehlenswert. Vor allem wenn man beides in Leipzig in dieser Qualität geboten kommt. K. jedenfalls fuhr zufrieden zurück nach Berlin und freut sich auf den nächsten Besuch. Dann aber werden wir wohl im Zest einen Tisch reservieren.

Donnerstag, 12. April 2007

Radieschenblattsuppe

Die Gemüsekiste kommt jetzt wieder wöchentlich und zum Auftakt war ein Bund Radieschen mit dabei. Véronique vom Foodblog Wie Gott in Deutschland empfiehlt uns, aus den Blättern eine Suppe zu kochen, und weil sie Französin ist, nennt sie das Soupe de fânes de radis. Klingt gleich viel eleganter als Radieschenkrautsuppe. Ich hab's ausprobiert, die Blätter gewaschen und kräftig gekocht (Véronique verrät nicht wie lange), dann mit dem Mixstab rein ins Gemüse. Der blockierte fast, weil sich die Fasern der Stängel im Messer verkeilten. Die musste ich mühselig rauspflücken, bevor ich die Blätter endgültig kleinmachen konnte.
Schmeckte interessant, ein bisschen grün, ein bisschen nach Radieschen. Richtig Geschmack brachte aber, wie ich finde, erst die Brühe, die noch von der Kalbshaxe vom Vortag übrig war. Hmmm. Dabei klang das Rezept so überzeugend. Ich frage mich, ob ich was falsch gemacht habe. Beim nächsten Versuch verzichte ich auf zusätzliche Brühe und werde nur die zarten Blättchen und Stängel verwenden.

Montag, 9. April 2007

So licht und weit. Café und Kunst in Leipzigs Mitte

Der Mittag war sonnig, ein Wetter zum Mantel aufknöpfen. Wenn nur nicht dieser schlimme Wind gewesen wäre, der uns durch die Straßen pustete. Deshalb entschieden wir uns am Ende unseres Osterspaziergangs gegen einen Kaffee im Freien und gingen ins Café und Restaurant im Bildermuseum. Hier sitzt man auch fast wie unter freiem Himmel, aber windstill und warm. Ich liebe diesen himmelhohen Raum, der überhaupt nichts Enges, "Gemütliches" hat, der offen und hell ist und doch überhaupt nichts von der hektischen Neonkälte eines Fastfoodrestaurants ausstrahlt. Dazu gehört auch diese besondere Akustik mit ihrem Hall und den verwehten Gesprächsfetzen der anderen Gäste. Die Replik einer Davidstatue und ein riesiges Bild über dem Eingang zur Bar erinnert daran, dass man an einem Kunstort sitzt.

Davidstatue Innenraum Cafe im Bildermuseum

Ein paarmal habe ich die Enk'sche Küche schon getestet, nicht nur im Museumscafé sondern auch im Palermo. Jedes Mal war ein Genuss. Frische, Zutaten, Geschmack stimmten einfach. Heute aber hatten wir ein ausgiebiges Ostermontagsfrühstück hinter uns, waren also satt und wollten den Mittag einfach bei einem Heißgetränk ausklingen lassen. Nur S., die heute noch arbeiten musste, wollte einen kleinen Imbiss nehmen und studierte begeistert die umfangreiche Karte, um dann ein "Geliebtes Tomatenbrot" (das heißt wirklich so) für 3,90 Euro zu bestellen. Wir bekamen einen ausgezeichneten Cappuccino (2 Euro) und ich war ganz zufrieden mit dem Tag. Bis zu dem Moment, als das Brot serviert wurde.

geliebtes Tomatenbrot

Da packte mich für einige Sekunden doch der Fressneid, was ich aber (hoffentlich!) gut verbergen konnte. Einen Wimpernschlag lang war ich mir nicht mehr sicher, ob ich nicht doch Hunger hätte, beschloss aber stark zu sein und keinen zu haben. Außerdem bemühte ich mich, nicht so genau hinzusehen, während S. genüsslich die mit Parmesan überbackenen Olivenbrotscheiben verspeiste, die mit einer Art Pesto und Tomaten belegt waren. "Mir schmeckt's super" krähte S. dann auch noch fröhlich und daraufhin hätte ich es doch fast getan, winkte schon, um so einen schicken Imbiss zu bestellen. Als die Kellnerin herbei eilte, bekam ich mich wieder in den Griff und nahm schnell ein Mineralwasser - niemand hatte meinen kleinen Schwächeanfall bemerkt. So, und jetzt werde ich gleich mal in die Küche gehen, wir hatten da ein selbstgemachtes Bärlauchpesto, außerdem war da noch dieser köstliche Bergkäse und von der gebratenen Kalbshaxe war doch auch noch was übrig...

Samstag, 7. April 2007

Steak satt

Marcel war im Escados speisen und wunderte sich, warum er vorab einen Tisch reserviert hatte.
"Für den ersten Teil des Abends hatten wir uns einen Tisch im Escados am Rathaus bestellt. Wäre aber nicht nötig gewesen, der Laden war nur halbvoll. Komischerweise, denn das Essen war spitze."
Stimmt, für Liebhaber von großen, saftigen, gut zubereiteten Rindfleischstücken und pikant gewürzten Spareribs ist das Steakhaus eine sichere Bank. Allerdings finde ich die Beilagen, zum Beispiel die Kartoffelecken oder die Salatsoßen geschmacklich etwas zu standardisiert, aber das ist halt Geschmacksache.

Auswärts essen: Die Emanzipation vom Pseudo-Cappuccino

"Der weite Marktplatz von Dessau, der zurückbleibt, ist an diesem Freitagnachmittag leer, wie auf Anordnung gesäubert. Über dem Pflaster liegt eine Stille, die nichts Erholsames hat; eine Abwesenheit drückt sich aus in ihr, als fehle etwas Wichtiges."
Ganz schön niederschmetternd, was Jörg Burger vor drei vier Jahren in der Zeit schrieb. Aber da hatte gerade eine "repräsentative Umfrage" die Menschen in der Region Dessau als die unzufriedensten Bürger Deutschlands identifiziert. Die Zeit verschweigt elegant die Quelle, ich vermute aber, dass damit das Machwerk der Perspektive Deutschland gemeint ist. Woran die Leute die Zufriedenheit festmachten, verrät die Studie nicht, vielleicht war ja die schlechte Küche mit an der Miesepeterei schuld. Inzwischen hat sich die schlechte Laune gebessert, das gastronomische Angebot hat sich nämlich auch seit meinem letzten Besuch (circa 2004) eindeutig verbessert.

Gestern waren wir wieder in Dessau und zumindest mit dem Kaffee und Kuchen-Angebot waren wir sehr zufrieden, justament auf dem Marktplatz, der zwar immer noch weit und gar nicht so sauber ist, aber inzwischen die Anwesenheit mehrerer Cafés genießt. Erschöpft von einem Rundgang von gefühlten 15 Kilometern im Luisium waren wir noch in die Stadt gefahren und wankten von dort in die Brasserie l'Appart, die mit ihren roten Markisen lockte. Zur Begrüßung gab es ein "Bonjour" mit Lächeln und deutschem Akzent, worauf ich wirklich nicht vorbereitet war. Aus der Bistrokarte wählten wir zweimal Zitronentarte, dazu Cappuccino. Ich hatte erst ein wenig Angst, denn noch vor wenigen Jahren bekam man dann in vielen Gastwirtschaften einen Brühkaffee mit Sprühsahne. Aber alle Bedenken verflüchtigten sich, als der Cappuccino (den es in Frankreich gar nicht gibt) serviert wurde. Ein tadelloser Trank, auch im Preis großstädtisch, und die Tarte aus frischem Mürbeteig war ein echtes Leckerchen. Gottseidank, denn ich hatte mich gegen Flammkuchen (war mir zu deftig) und Crêpes (dann doch lieber nichts Warmes) entschieden. Das ist doch ein echtes Zeichen, wenn Menschen sich mit anständiger Gastronomie ins immer noch recht öde Dessau wagen. Als Wochenend- oder Feiertagsausflügler hat man damit schon eine nette Anlaufstelle. Wo guter Kaffee ist, da ist Hoffnung.

Update: Wer sich wundert, dass er/sie auf www.perspektive-deutschland.de landet und nichts von Dessau zu sehen bekommt, der wundert sich zu recht. Abhilfe: Ganz unten auf der Seite den Reiter "Ländliche Regionen" anklicken und "Dessau" wählen. Dann sehen wir, dass die Region mit 38 Prozent Zufriedenheit auf Platz 114 landet.

Donnerstag, 5. April 2007

Schweinesucht, gestillt mit Würsten aus Möckern

Geboren wurde ich in einem Landstrich, wo Männer sich schon in jungen Jahren stöhnend die von der Gicht rotgeschwollenen Zehen reiben. Eine beliebte Todesursache bei der Altergruppe 55 bis 60 sind Herzinfarkt und Schlaganfall und ständig bekommt man zu hören, dass der Georg oder der Hans "es" wieder ganz schlimm mit der Galle haben. Unvergesslich die Bekanntenbesuche im Krankenhaus, wo ich als kleiner Junge die frisch entfernten dunkelgrünen Steine bewundern durfte, die kurz zuvor noch im Gallengang der Tante Frieda zu schlimmen Koliken geführt hatten. Ursache dieses Elends und anderer Gebrechen (gewaltige Trommelbäuche, Dreifachkinne, Kurzatmigkeit, Bluthochdruck) ist, neben dem enormen Bierkonsum in dieser Gegend, der exzessive Genuss von deftigen Fleischwaren, hauptsächlich vom Schwein.

Ich weiß nicht, ob dieser Appetit auf Schweinernes genetisch ist oder auf Erziehung basiert. Aber auch wenn ich wochenlang quasi-vegetarisch leben kann, packt mich trotz der oben genannten möglichen Folgen immer wieder der Heißhunger auf Braten und Wurst. In meiner früheren Heimat würde ich dann in einen beliebigen Fleischerladen gehen und hätte gute Chancen, dort die besten frischen Bratwürste der Welt zu finden. Das kann man hier in Leipzig leider nicht erwarten, nach langem Suchen und Probieren habe ich doch mehrere Schlachter gefunden, bei denen ich mit größtem Vergnügen einkaufe, wenn das Raubtier in mir wieder nach tierischer Nahrung brüllt. Dann mache ich mich auf den weiten Weg Richtung Möckern, zur Fleischerei Knötzsch. Mit ziemlicher Sicherheit muss ich erstmal Schlange stehen, denn leer habe habe ich den Laden noch nie gesehen. Aber Fahrt und Warterei lohnen schon allein wegen der verschiedenen herrlichen Mettwürste, die der Meister dort, wie fast alles andere auch, selbst produziert.

Mettwurst

Sie sind mager, zart und immer gleich köstlich. Es gibt sie mit Kümmel, Zwiebel, Knoblauch, als Knacker (groß) und als fingerdicke Appetithappen (den Namen hab ich vergessen), frisch oder abgehangen. Vor kurzem traute ich mich auch an die grobe Leberwurst und habe es nicht bereut: leicht angeräuchert, mit großen Fleischbrocken, dezente Majoranwürzung, köstlich. Jetzt haben wir den Bratenaufschnitt und den saftigen gekochten Schinken probiert - als ich etwas naiv fragte, ob letzterer Formfleisch sei (dieses Zeug, das im 200 Gramm-Pack im Supermarkt irgendwas um die 1,30 kostet), klärte mich die Dame hinter der Theke stolz auf, dass sei natürlich ein echter Kochschinken. Ist er, kann ich bestätigen, gibt es auch nicht für 65 Cent pro 100 Gramm. Kein Bastelfleisch. Bisher habe ich beim Herrn Knötzsch noch nichts gekostet, was mich enttäuscht hätte. Zum Beispiel die Kochsalami oder die "Brühpolnische" (so eine Art Riesenbockwurst - den Namen hatte ich vorher noch nie gehört). Demnächst werde ich die schlesischen Weißwürste antesten, denn da hat sich die Metzgersfrau auf meine Frage hin, ob die wie die Münchner Würste seien, ganz schön aus dem Fenster gelehnt. Ihrer Ansicht seien sie sogar besser, nämlich "nicht so wabbelig wie die Münchner und mit ein bisschen Zitrone gemacht". Ok, das überprüfen wir. Ein Paar gute Münchner Weißwürste, mit süßem Senf und einem Hefeweißbier dazu, sind nämlich wirklich einen ausgezeichneter Imbiss. Die Latte für den Leipziger Konkurrenten liegt hoch. Bericht folgt

Denglishterror

coffee und tea aus aller world

Tea aus India, Coffee from der Highlands of Afrika? Das hat die World noch nicht gesehen. Was, um Himmels Willen, bringt einen Menschen dazu, sich ein derartiges Sprachdurcheinander auf die Schaufensterscheibe seines Cafés ätzen zu lassen? Gesehen Ecke Mahlmann-Dufourstraße.

Dienstag, 3. April 2007

Der Gast als Feind! Pizzawarnung von Tom und Guido

Kann es sein, dass manche italienische Restaurants in dieser Stadt ein Problem mit ihren Gästen haben? Was Tom über sein Erlebnis in einer Pizzeria der City berichtet, ist nur in die Kategorie dicker Hund einzuordnen. Außerdem scheint es kein Einzelfall zu sein, wenn man Guido glauben darf. Ich glaube ihm, verstehe aber nicht, weshalb er geduldig zwei Stunden auf ein mittelmäßiges Essen gewartet hat. Hoffentlich hat er wenigstens das Trinkgeld verweigert.

Wasabi und ich hatten auch schon unschöne Erlebnisse mit Leipziger Lokalen mit italienischer Hausnummer. Da stellten sich angeblich hausgemachte Nudeln als gewöhnliche Fertigpasta mit geschmacksarmer Soße heraus. Der Kellner versuchte das dann dahingehend zu erklären, das sei "hausgemacht in kleine Manufaktur in Kalabria wo wir hole die Spaghetti". Ich hätte als Kellner zwei Grappa geholt und mich entschuldigt. Da das schon eine Weile her ist, möchte ich den Namen verschweigen, vielleicht sind solche Ausrutscher ja Vergangenheit. Ich geh da aber nicht mehr hin. In einem Restaurant im Westen der Stadt empfing uns der Kellner zu allererst mit den Worten, wir würden aber sehr lange aufs Essen warten müssen. Klar, wenn man ihn erst zwingen muss, die Karte rauszurücken, dann dauert die Bestellung schon unverhältnismäßig lange. Da fühlt man sich als Gast gleich willkommen. Ist aber auch schon eine Weile her und wir waren seitdem nicht wieder dort. In einem dritten Lokal der höheren Preisklasse bekam Wasabi vom Kochen zusammengeklebte Nudeln. Derweil wurde ich Ohrenzeuge, wie die Kellnerin am Nebentisch bei Stammgästen laut und ausgiebig über ein paar Kunden ablästerte, die sich über irgendwas beschwert hatten. Da wollte dann doch kein rechter Genuss aufkommen, obwohl meine Muscheln in Tomatensauce wirklich sehr gut schmeckten. Was ist nur los mit diesen Leuten? Wissen die nicht, wie schnell sich mieser Service und pampiges Verhalten herumspricht?