Mittwoch, 12. September 2007

Rotwein statt Altbier - Vivere in Düsseldorf

Düsseldorf RheinkniebrückeDer Rhein. Macht glücklich, aber nicht satt.

Es stimmt: in Düsseldorf drängen sich die Menschen in dichten Pulks vor den Gaststätten und trinken Altbier aus kleinen Gläsern. Ich passierte die Tränken allerdings ohne Stopp auf dem Weg durch die Altstadt. Mir knurrte der Magen, Bier ohne Unterlage ist mir nix. Ziel war ein persischer Falafelschuppen auf dem Carlsplatz, empfohlen von Thomas Knüwer. Aber um 18 Uhr war ich wohl zu spät dran. Die Buden auf dem Platz hatten bereits geschlossen und auch in den Straßen rund ums Carrée war kein Kichererbsenbrater zu finden. Also Plan B - denn das mittägliche Kantinenfutter hatte mir - wie leider meistens - erst richtig Appetit auf was Anständiges gemacht.

Am Montagabend hatte mich die Tapasbar La Copita vor dem Hungerast gerettet. Kurz vor elf Uhr abends bekam ich dort noch warme Albondigas (Fleischklößchen in Tomatensoße für 5,50 Euro) und eine ausgezeichnete Kartoffel-Tortilla (3,50 Euro). War gut, aber diesmal wollte ich eine "richtige" Mahlzeit. Im Buchladen um die Ecke zur Herberge fragte ich die Verkäuferin, ob sie etwas in der Gegend wisse. Sie empfiehlt mir das Vivere in der Kaiserswertherstraße 9. Sehr gutes Essen, etwas schräge Bedienung, sagt die Dame mit dem genießerischen Aussehen und zieht ein etwas sorgenvolles Gesicht. So als traue sie ihrer Empfehlung nicht. Die Speisekarte liest sich schon mal hervorragend, ich trete ein.

Hinterm Wein brutzelt die Brasse

Der Wirt (interessanter Pullover, Carlo Colucci?) ist eilfertig zur Stelle, nimmt mir die Jacke ab. Um mich Düsseldorfer Edelitalienerpublikum 50+ mit Geld. Es wird geraucht, die Luft ist aber atembar. An offenen Rotweinen gibt es leider nur drei Sorten, der Sole di Puglia (0,2 l für 3,50 Euro) ist aber sehr ordentlich.

Ich halte mich an die Tageskarte und nehme die Tagliole mit frischen Steinpilzen als ersten Gang. 11,50 Euro für eine Teller Teigwaren hatten mich kurz ins Grübeln gebrachte, aber dann war der Geizanfall vorbei. Zum Glück, denn die dünnen Nudeln sind herrlich al dente, die gebratenen Schwämme vollmundig und sie lösen kleine Geschmacksexplosionen aus. Mit dem knusprigen italienischen Brot (reichlich) tupfe ich das würzige Olivenöl vom Nudelteller. Eigentlich bin ich satt. So rein rational.

Zum Glück bleibt ein bisschen Verdauungszeit, während der ich das Kochduo beim Sieden, Braten, Kochen bewundere . Nur durch eine Theke ist der Herd vom schnörkellosen Gastraum getrennt. So richtig lassen sich die zwei Künstler (ein Koch und vermutlich die Wirtstochter) nicht in die Töpfe schauen - eine Flaschenbatterie verwehrt den Blick ins Heiligste.

Dann das Hauptgericht: Kalbsleber auf venezianische Art (mit Zwiebeln kurz gebraten) dazu Rahmkartoffeln und ein Art geschmorte Gemüserolle (16,50 Euro). Perfekt zubereitet zerschmelzen die Leberstreifen im Mund. Die Schmorsoße kann ich leider auch nicht auf dem Teller lassen - zu gut ist der Sud aus Lebersoße und Zwiebelsaft. Apropos Rolle. Nach dem Hauptgericht fühle ich mich wie eine selbige. Die Pannacotta, die mir der Wirt anstelle des Espresso ans Herz legt, lasse ich wegen dem Spannungsgefühl im Mittelbauch in der Küche. Ich belasse es beim obligatorischen Espresso und trotte zufrieden Richtung Herberge.

Apropos schräger Service. Während bei mir alles bestens lief, hatten zwei Bekannte, die eine halbe Stunde nach mir kamen, weniger Glück. Von sehr aufmerksam (bei mir) hatte sich die Bedienung zu etwas lustlos verwandelt. Zufrieden waren sie trotzdem. Das Essen war nämlich wieder hervorragend.

PS: Altbier habe ich in den zwei Tagen Düsseldorf nicht getrunken. Sorry.

Samstag, 1. September 2007

Die Zombies in unserem Küchenschrank

Himbeeren aus der DoseVerfallsdatum: 3.12.2002. Geöffnet: heute.

Kurzes Lebenszeichen aus Quadrant 04.1.57: Die Umzugskisten sind befüllt, der Möbelwagen nähert sich mit Warp 8. Zeit, die letzten Überlebenden und Vergessenen aus den Tiefen unseres Lebensmitteldepots in das grelle Licht der Küchenzeile zu zerren. Das Paradefundstück: eine Dose Himbeeren (gezuckert), erworben noch vor der Jahrtausendwende. Wasabi traute sich bisher nicht, den Öffner anzusetzen. Ich dagegen ertrage auch Filme wie "The Ring", "Alien" und "Nightmare on Elm Street" ohne mit der Wimper zu zucken. Also atmete ich tief durch, setzte das Werkzeug an den von Belägen gesäumten Dosenrand und hebelte den Konservenopa auf. Von drinnen glotzten mir Zombieeingeweide entgegen. Nach kurzer Analyse entsorgte ich die Untoten in die Leipziger Kanalisation. Puh, Glück gehabt. Sie haben uns nicht gekriegt.