Samstag, 26. Mai 2007

Es schmeckt besser, als es aussieht

Stadttour und Stadttortur liegen manchmal recht unerfreulich nahe beieinander. Nach mehreren Stunden Fußmarsch durch die Innenstadt von Frankfurt (für die sächsischen Leser: hier geht es um die hessische Mainmetropole) war unsere Truppe am Ende. Mit glühenden Füßen und lahmen Gliedern, dehydriert und ausgehungert wollten wir nur noch eins: Nahrung, Trinken und einen Platz zum Ausruhen. Unser ortskundiger Führer trieb uns mit kleinen Lügen ("es sind nur noch 600 Meter") zu einer letzten übermenschlichen Anstrengung an und lotste uns vom Römerberg über die Mainbrücke nach Sachsenhausen in das Wirtshaus Zum Gemalten Haus. Kurz nach 18.30 Uhr ergatterten wir einen der letzten freien Tische. Mit Kennerblick erfasste der rustikal-hessisch parlierende Kellner unseren Zustand und wuchtete erstmal einen zwei Liter Krug ("Bembel") Apfelwein auf den Tisch.

Bembel mit Äppelwoi

Angeblich wird der im Gemalten Haus noch selbst gekeltert. Das würde die günstigen 1,60 Euro für den Drittelliter allerdings erklären. Übrigens ist dieses Wirtshaus eines der alten "Äppelwoi"-Lokale, das außer von Touris auch noch von Einheimischen (es soll außer den Bankmenschen noch welche geben) besucht wird. Bester Beweis war eine Meute gutgelaunter Eintracht-Fans am Nebentisch, die einen Bembel nach dem anderen leerte. Die Speisekarte ist kompromisslos deutsch: Fleisch, Kraut, Kartoffeln - in Mengen, die auch einen ausgehungerten Gewichtheber satt machen. Rippchen, Rinderzunge, Bratwurst, Tafelspitz ("Rindersolber"), Leberkäse. Weil die von mir sehr geschätzten Schäufelchen, einheimisch "Schäufelsche", leider "aus" waren, nahm ich die schweinerne Haspel, nachdem mir der Kellner das Wort freundlicherweise ins Deutsche übersetzt hatte.

Schweinehaxe mit Kraut und Kartoffelbrei

Nach nur einer viertel Stunde schob er mir einen Teller mit einer riesigen gekochten Pökelhaxe unter die Nase. Bevor Ihr fragt, ob man das essen kann: ja man/frau kann, allerdings sollte man die Schwarte komplett entfernen. Darunter kommt ein äußerst schmackhaftes mageres Fleisch zum Vorschein, köstlich mit ein bisschen Senf, dazu das sehr bekömmliche Sauerkraut und ein gut gemachter Kartoffelbrei. Für 8,50 Euro fällt dieses Gericht unter die Kategorie "gut, billig und viel", wie es mein alter Freund H. auszudrücken pflegt. Irritation lösten bei Anlieferung kurzzeitig die gekochten Rippchen ("Rippsche") nach Kasslerart aus, offensichlich denkt bei dem Wort jeder nur noch an knusprig gebackene Spare Ribs. Aber Barbecue ist nun wirklich nicht typisch hessisch, die gekochte Variante mit Kraut und Püree kam dennoch gut an. Es fehlte die berühmte Frankfurter Grüne Soße, aber die hatten wir schon hausgemacht am Vortag bei unserer Freundin A. zu Pellkartoffeln genossen.

Noch ein Wort zum Apfelwein, der leider mit dem französischen Cidre oder dem britischen Cider nicht viel gemeinsam hat. Staubtrocken, fast ohne Süße kommt er daher, manchmal auch mit einer überbordenden Säure (überraschend mild war er im Gemalten Haus). Während seine Verwandten aus der Normandie und England leicht moussieren, lieblich würzig schmecken, ist der "Äppler" ein recht sprödes Gewächs. "Wenn's heiß ist, ist der super erfrischend", sagte unser Einheimischer. Man trinkt den Apfelwein auch gespritzt mit Orangenlimonade oder Sprudelwasser, der Kenner natürlich nur pur. Mein Tipp: bevor Ihr gleich den Bembel ordert, lieber erst ein Glas probieren. Unser Zweiliter-Krug war am Ende übrigens leer. Aber wir waren ja auch sechs Stunden bei Sommerwärme in der Stadt gewesen, da mag man es auch herb danach. Schönes Wirtshaus, bei Hunger und Durst und Lust auf Frankfurter Tradition eine echte Empfehlung.

Donnerstag, 24. Mai 2007

Merkwürdige Art von Fressprotest

Ich habs noch nicht ganz kapiert, warum Martin eine positive Gedankenblase zu einem obskuren Burgerkauf-Rekordversuch aufsteigen lässt. Auch wenn er behauptet, das wäre eine Art von Flashmob. Ok, man mag es ja witzig finden, die Mitarbeiter der kleinen Filiale einer Fastfoodbraterei zum Schwitzen zu bringen, aber warum sollte man es tun? Weil sie es möglicherweise nicht schaffen? Weil der Restbetrieb kollabiert, weil man trotzdem dem Unternehmen 4000 Euro Umsatz beschert? Ich weiß es nicht. Aber auf jeden Fall ist es - wenn die Aktion laufen sollte - Spitzen-PR für den Fastfood-Multi. Sonst nichts. Würde mich nicht wundern, wenn die Bude genügend Brötchen, Klopse und Brater vorrätig hätte - vorgewarnt sind sie ja schon. Und noch weniger würde ich mich wundern, wenn die lokale Tageszeitung das auch noch mit dreispaltigem Bild und großem Firmenzeichen dokumentiert. Wärs nicht sinnvoller, lieber die Nicht-Kettengastronomie mit einem Besuch zu beglücken, und Slow Food statt Fast Food zu fördern?

Dienstag, 22. Mai 2007

Die allmähliche De-Elektrifizierung der Küche



Tyler Durden hatte Recht. „Irgendwann haben die Dinge dich.“ Dass wir alle schon längst den Zeitpunkt überschritten haben, wo wir noch mit einem gepackten Koffer verschwinden könnten – geschenkt. Aber gerade die Küche ist so ein Ort, wo manchmal nur schwer zwischen dem absolut Notwendigen und dem total Überflüssigen unterschieden werden kann.

Der deutsche Durchschnittshaushalt sammelt eine Armada von Kleinelektrogeräten an, die grob geschätzt jeweils einmal im Jahr zum Einsatz kommen. Häufigeres Benutzen würden manche Donutbäcker, Dörrautomaten, Elektropfannen, Tischgrills, Pocornbereiter, Toaster, Waffeleisen, Wasserkocher, Eierkocher, Kaffeemaschinen, Sandwichtoaster, Einkochautomaten, Friteusen, Entsafter, Brotbackautomaten, Raclettegrills, Mixer, Handrührgeräte, Küchenmaschinen, Eismaschinen, Joghurtbereiter, Brotschneidemaschinen, Pürierstäbe, Mikrowellen, Kaffeemühlen, Salz- und Pfeffermühlen, Fleischwölfe, Elektromesser, Elektrodosenöffner auch gar nicht aushalten, so lumpig, wie die verarbeitet sind. Aber was nur im Schrank steht, kann auch nicht kaputtgehen.

Im Leckeressen-Haushalt geht es jetzt einen Schritt zurück in die 50er Jahre. Der Zeitpunkt war gekommen, als der Kaffeeladen letztes Jahr die Preise in kurzer Zeit fast verdoppelte. Bei mehr als sieben Euro für 250g Espresso war meine persönliche Schmerzgrenze überschritten. Abgepackter gemahlener Espresso aus dem Supermarkt ist aber geschmacklich keine Alternative, vor allem weil da angeblich undeklariert alle möglichen Schweinereien rein dürfen, zum Beispiel Bohnenmehl und Röstrückstände - sagt der Kaffeeladenbesitzer. (Ich habe mich bemüht, das zu verifizieren, bisher erfolglos - Udo Pollmer, übernehmen Sie!).
Also selber mahlen – aber jeden Morgen vor der ersten Tasse Kaffee das nervtötende mnjäääääääääähhh-Geräusch, wenn eine rotierende Klinge in der Kaffeemühle Kaffeebohnen zerschlägt?

Da Bekannte eine mechanische Kaffeemühle regelmäßig, wenn auch nicht täglich benutzen, und ihnen bisher noch nicht die Arme abgefallen waren, erschien mir mechanisches Mahlen als echte Alternative. Zwar haben sowohl die (inzwischen insolvente) Pfeffermühlenfirma Zassenhaus, als auch Bodum mechanische Kaffeemühlen zu stolzen Preisen im Programm, der Besuch in einem dieser Küchenparadiese am Rande der Leipziger Innenstadt, wo der überambitionierte Hobbykoch so seinen Schnickschnack kauft, ergab aber, dass der Inhaber mir sowas nicht verkaufen wollte. Er prophezeite mir, ich werde das händische Mahlen nach drei Versuchen sowieso entnervt aufgeben. Da sich im Gespräch herausstellte, dass ich meinen Espresso im Kännchen auf der Herdplatte koche (übrigens wie ein paar Millionen Italiener auch), hatte ich gegenüber diesem Experten sowieso verloren. Das sei ja sowieso gar kein Espresso, sondern ein Moka, alles viel zu unpräzise und der Dampfdruck am Kaffeepulver viel zu gering (wer jetzt, genau wie ich, keine Ahnung hat und sich in die Materie einarbeiten möchte, der möge hier weiterlesen.)

Seit Anfang des Jahres nun wird trotz aller Widrigkeiten gekurbelt. Die Kaffeemühle kam als Überraschungspaket ins Haus – K. und H. in Bozen waren auf einem Flohmarkt erfolgreich. Seither ist die Mühle täglich im Gebrauch, und siehe da, meine Arme sind noch dran, die Geräuschentwicklung ist nicht der Rede wert, der Kaffee schmeckt wieder, und die Mühle wird vermutlich mindestens weitere 50 Jahre halten.

Natürlich war das jetzt nicht der Startschuss hin zu weniger Gerät in der Küche – im Gegenteil. Die tolle Kaffeemühle hat mich erst auf den Geschmack gebracht. Seit einigen Wochen nenne ich einen mechanischen Fleischwolf mein eigen, ein schweres, gusseisernes Teil, das vermutlich seit 1871 unverändert hergestellt wird und von dem ich inständig hoffe, es möge mir nie, nie, nie auf den Fuß fallen. Ein elektrischer Fleischwolf kostet im Kaufhaus übrigens schlappe 139 Euro, meinen mechanischen bekam ich für knapp sechs Euro bei Ebay. Die Suche nach Lammhack gehört damit der Vergangenheit an, die Masse für dänische Leberpastete lässt sich damit wunderbar gleichmäßig durchdrehen, es kann öfter mal libanesische Huhn-Pistazien-Bällchen geben und der Exitus des Pürierstabs, der zuletzt schon immer so verdächtig nach überanstrengtem Elektromotor roch, wird noch einige Zeit auf sich warten lassen.

Ergänzung am 24.5.
Ich mag gutes Essen! hat in der Kaffeeverordnung folgendes gefunden:

§ 3, Absatz 2:
Gewerbsmäßig dürfen nicht in den Verkehr gebracht werden [...]
2.
Röstkaffee, der mehr als zwei Gramm kaffeefremde Bestandteile in
einem Kilogramm enthält, wenn er nicht als unverlesener Kaffee
oder Ausschusskaffee kenntlich gemacht ist,[...]

2 Gramm - heißt bei einem Kilo 2 Promille... Viel Sparpotenzial für Kaffeepanscher sehe ich darin nicht - oder gelten Rostrückstände womöglich nicht als "kaffeefremde Bestandteile"? Wir bleiben dran.

Donnerstag, 17. Mai 2007

Spätzle selbstgemacht: Frisch geschabt ist halb geschlemmt

Wer noch nie Spätzle selbst gemacht hat, sollte sich ruhig mal daran versuchen. Denn es gibt kaum etwas, das so wunderbar als Beilage oder auch - in Form von Käsespätzle - als Hauptgericht schmeckt. Mit diesen Dingern, die es in Form gelber getrockneter Würmer im Nudelregal gibt, hat die frisch zubereitete schwäbische Spezialität wenig gemeinsam.

Für zwei reichliche Portionen nehme ich 250 Gramm Mehl, 2 bis 3 Eier, einen Teelöffel Salz und etwa 1/8 Liter Wasser. Die schwäbische Hausfrau verwendet gerne Sprudelwasser (Pssst! Geheimtipp!), weil das den Teig angeblich besonders locker macht. Jetzt braucht man noch einen muskulösen Arm, denn die Zutaten müssen mit einem Kochlöffel zu einem zähen Teig verarbeitet werden. Wenn die Masse Blasen schlägt, schön elastisch ist und keine Klümpchen mehr zu sehen sind, dann ist er richtig, dann noch 15 bis 30 Minuten ruhen lassen. Für die Schabemethode, die ich immer anwende, sollte der Teig ruhig etwas flüssiger (nicht wässrig) - sein. Dann bekommt man ihn leichter vom Brett ins Wasser.


Also: Brett mit kaltem Wasser anfeuchten und möglichst gleichmäßige Teigwürstchen mit Schwung ins sprudelnd kochende Salzwasser schaben. Ich nehme immer ein großes Kochmesser (wer hat schon einen Spätzleschaber), das ich immer wieder ins Kochwasser tauche. Dann bleibt nicht so viel Teig dran kleben. Die Spätzle sind sehr schnell gar, bei größeren Mengen fische ich die fertigen Nudeln mit einem Schaumlöffel ab, damit sie nicht verkochen und lasse sie in einem Sieb abtropfen. Schmecken herrlich zu Gulasch, im Linseneintopf oder als Käsespatzen in heißer Butter, Emmentaler und Pfeffer geschwenkt, dazu sind Röstzwiebeln die richtige Wahl.

Dienstag, 15. Mai 2007

Leipziger lassen die Mensa links liegen

Statistiken sind doch was Schönes, oder? Heute gibt es die Ergebnisse der ersten jemals auf diesem Blog durchgeführten Umfrage zu einheimischen Essensgewohnheiten. Wie oft der Blogbesucher jeden Monat sein Geld in Leipziger Restaurants und Kneipen trägt, um dort zu speisen, hätte ich gerne gewusst. Genau neun Besucher wollten mir während der gut achtwöchigen Umfrage ihre Essgewohnheiten mitteilen. Nicht gerade repräsentativ, dennoch danke ich allen Teilnehmern dieser hochwichtigen Befragung - die hiermit hochoffizell beendet wurde - ganz herzlich für ihre Mühe.

Umfrageergebnis
Wie wir sehen, scheinen die Umfrageteilnehmer geradezu einen Bogen um die Leipziger Mensen zu machen. Das lässt drei verschiedene Schlussfolgerungen zu: a) Niemand erträgt täglich dieses Mensaessen, b) ab und zu ist es ok, oder c) unter den Teilnehmern waren keine Studies. 22,22 Prozent verköstigen sich lieber zuhause, aber immerhin 77,77 Prozent der Teilnehmer gehen gerne auswärts essen. Wo das übrige 0,1 Prozent zu dinieren pflegt, weiß ich nicht. Rundungsfehler gehen vermutlich nicht zum Mittagstisch.

Mittwoch, 9. Mai 2007

Liebesgrüße von Doktor Schiwago: Buchweizen-Blinis

Persönliche Vorurteile gegenüber Nahrungsmitteln sind ja gar nicht so selten.
Mein Bekannter G. zum Beispiel pflegt ein nicht sonderlich enthusiastisches Verhältnis zu Buchweizen, weil er das Pseudogetreide zuerst als faden, mit Wasser zubereiteten Brei kennen gelernt hat. Für seine Freunde gehörte die am offenen Feuer gekochte Grütze zu jeder längeren Wanderung dazu. Sie schwelgten in Erinnerungen an irgendeinen tollen Russlandurlaub, G. hingegen, der damals nicht mit dabei war, fühlte sich wie im Gulag, wünschte sich sehnlichst eine Thüringer Bratwurst und mied Buchweizen fortan, wo er konnte.



Meine Assoziationskette zu Buchweizen beginnt in den achtziger Jahren bei der Brigitte meiner Mutter. Blinis – kleine Buchweizen-Hefepfannkuchen – mit Crème fraîche und Kaviar waren im Yuppie-Jahrzehnt die Vorspeise, denn sie vereinigten Exotik (Russland) mit einer Reminiszenz an die französische Küche (Crème fraîche) und einem Statussymbol (Kaviar). Gegen Ende der Achtziger gelangte das Rezept (allerdings mit Forellenkaviar) auch in die Kochrubrik der Brigitte.
Ausprobiert habe ich das Rezept natürlich lange Zeit nicht, erinnerte mich aber daran, als mir eines Tages in einem großen Supermarkt eine Tüte Buchweizenmehl auffiel, die ich dann auch kaufte.

Seither sind die Blinis (wenn auch leider ohne Kaviar) für mich zum Standardrezept geworden: Sie sind leicht und schnell zuzubereiten mit Zutaten, die meist im Haus sind, passen zu vielem und sind nicht zuletzt sehr leckere kleine, lockere Pfannkuchen mit dem würzigen, nussigen, ganz eigentümlichen Buchweizengeschmack.

Mein Rezept für zehn bis zwölf Stück (für Zwei zum Sattessen oder für vier bis sechs Esser als Vorspeise):

70g Buchweizenmehl, 70g normales Mehl, einen halben Teelöffel Zucker und ein halbes Päckchen Trockenhefe mischen und mit 1 Eigelb, 75g saurer Sahne (10% Fett) und 1/8l Milch verrühren. Etwas ruhen lassen (10 Minuten bis mehrere Stunden – wie es gerade passt), den Teig salzen und das geschlagene Eiweiß unterziehen.
In einer Mischung aus Butter und Öl kleine Pfannkuchen braten, mit etwa zwei Esslöffeln Teig pro Stück bei eher moderater Hitze – die Blinis gehen etwas auf und müssen auch innen gar werden.

Das Rezept lässt sich leicht vervielfachen. Wenn mans einmal gemacht hat und weiß, wie die Konsistenz des Teiges sein muss, kann man das Rezept auch abwandeln und mehr oder weniger saure Sahne nehmen oder etwas anderes, was gerade da ist (Schmand, Joghurt, süße Sahne), der Geschmack verändert sich dadurch nicht wesentlich. Nur das Ei ist unverzichtbar.



Fischig-Salziges passt tatsächlich gut zu den Blinis, zum Beispiel Räucherlachs, eingelegter Hering oder Krabben, und unbedingt leicht gesalzene saure Sahne und feine rohe Zwiebelwürfel dazu. Fischeier wären auch eine gute Wahl, nur dürfen sie nicht muffig-schlammig schmecken, wie der Forellenkaviar, den es neulich mal auf einem Buffet gab. Hier ist es vielleicht nötig, verschiedene Fabrikate durchzuprobieren oder sich gleich hochwertigere Fischeierkonserven aus Skandinavien mitzubringen.
Aber auch mit Gemüse oder Salat – beispielsweise mit Spargel – schmecken die Blinis sehr gut. Im Herbst habe ich einmal in Orangensaft geschmorte Schwarzwurzeln dazu gegessen. Es spricht auch nichts dagegen, Blinis mit Süßem zu kombinieren – Apfelmus, Preiselbeeren, meinetwegen Nutella. Vielleicht zum Frühstück? Sonntags?

Samstag, 5. Mai 2007

Da jauchzt die Dörrobstmotte: "...eines von 566 Billiarden Müslis."

Was, du mischt dein Müsli immer noch selbst oder kaufst dir diese überzuckerten Kalorienbomben vom Lebensmittel-Tycoon? Das hat jetzt ein Ende, denn die drei Jungs von mymuesli aus Passau mixen dir dein Müsli aus neun Grundzutaten und, echt krass, ey - sie bloggen auch noch drüber. Dort erfahren wir zum Beispiel, dass der Hermesbote am 4. Mai die erste Lieferung an die Kunden abgeholt hat. Na dann viel Glück. Ach ja, zur Zeit kann man sein persönliches Getreidefutter aus einer von neun verschiedenen Grundmischungen zusammenstellen. Die haben so gesunde Namen wie Chocolate-Dream ("Ein Muss für echtes Schoko-Müsli"), Fünf Körner ("ein Bio-Klassiker") und Qi ("Fernost in Deinem Müsli").

Mein persönlicher Favorit ist Mohn, Baby, denn "Mohn im Müsli ist wirklich ein Knaller." Mohn - ein Knaller? Ich glaube, die Jungs verwechseln da was, oder lassen sie ihre Sämereien zufällig direkt vom Goldenen Halbmond liefern? Dann wäre das Müsli wirklich innovativ. Ansonsten kann man sich insgesamt 566 Billiarden verschiedene Müslis zusammenmischen, was einige Zeit in Anspruch nehmen könnte. Möge die Dörrobstmotte diesen hoffnungsvollen Startup verschonen.

Mittagstisch im Heine - Leckereien in Plagwitz

Das Restaurant Heine

Wenn ich ab und zu in einem der allgegenwärtigen Frauenschundhefte (Glamour, Instyle, Freundin, Petra, Vogue Elle, Cosmopolitan) blättere, bleibe ich regelmäßig auf den Gastroseiten hängen. Dort quaken dann grenzgewichtige (nach unten, selbstverständlich) Redakteurinnen davon, was man heutzutage zum stylishen Lunch zu sich nehmen sollte. Mittagessen geht heute ja niemand mehr. Und dann empfehlen die Mäuschen einen leichten Cesar's Salad und dazu (natürlich!) Evian, kalorienfrei, geschmacksarm und gut für den Teint. Damit kannst du mich jagen, ich brauch was Anständiges zwischen die Zähne, sprich: Substanz, denn nur Grünes lässt bald wieder den Magen grollen. Also ignorierte ich das Wort Businesslunch auf der Karte des Restaurants Heine, denn besonders busy war ich nun wirklich nicht, und testete gemeinsam mit Wasabi den Mittagstisch dieses sehr ambitionierten Restaurants am Rande von Plagwitz. Dort gibt es ein Mittagsmenü für 13,50 Euro - Freund R. hat es uns schon seit längerem wärmestens empfohlen.

Garten im Restaurant Heine

Um zum Restaurant zu kommen, muss man durch einen schmalen Durchgang an der Karl-Heine-Straße. Die hohe Mauer hält den Straßenlärm ab, dahinter öffnet sich ein traumhafter Park mit uralten Linden, Kastanien und Ahornbäumen direkt am Wasser, mittendrin das Restaurant. Wegen des wunderbaren Wetters nahmen wir auf der Wiese an einem der Mamortische in den bequemen Korbsesseln Platz, dort gab es Sonnenschirme. Die äußerst zuvorkommende Kellnerin deckte sofort unseren Tisch ein und brachte die Menükarte. Man hat die Wahl zwischen Einzelgerichten oder drei Gängen, die man frei zusammenstellen kann. Als Hauptspeise bot die Küche diesmal ein Nudelgericht, zwei Fleischgerichte (auch Schnitzel mit Bratkartoffeln!) und den Cesar Salat an. Während wir noch grübelten, kamen schon die Getränke. Das Radeberger Pils (0,3 Liter für 2,50 Euro) war gut gezapft und hatte, wie Apfelschorle (2,60 für 0,2 Liter!) und San Pellegrino Mineralwasser (3,60 für eine halben Liter) genau die richtige Kühlung. Wir entschieden uns beide für das Menü und nahmen als Vorspeise die Spargelcremesuppe - das Heine hat derzeit auch Spargelwochen. Zum Aufwärmen gab es ein paar Weißbrotscheiben und dazu Süßrahmbutter. Die Suppe war perfekt - leicht schaumig, süß-spargelig von unaufdringlicher Vollmundigkeit. Das ging ja recht vielversprechend los.

gebratener Zander mit Couscous und Cima di Rapa

Die Hauptgerichte lösten schon optisch dieses Versprechen ein. Wasabi hatte die Gebratene Lachstranche auf Cima di Rapa und Rote Beete-Couscous bestellt. Statt dem Lachs, der wohl nicht verfügbar war, gab es Zander - noch besser, fand Wasabi. Der Koch hatte die reichlich bemessenen Stücke auf der Haut in Butter saftig gebraten, der Couscous konnte mit seiner dezenten Grießbreiigkeit nicht ganz mithalten. Kein Problem, denn die zart-zitronige Sauce und der knackige Stengelkohl waren einfach exzellent.

Zicklein auf Tomaten-Schluppenragout mit Ravioli in Nußbutter

Die Geschmorte Schulter vom Zicklein auf Tomaten-Schluppenragout mit Ravioli in Nußbutter war einfach nur herrlich. 48 Stunden bei 70 Grad hatte das Ziegenkind im Ofen verbracht - saftiger und zarter kann Fleisch nicht sein. Die leicht pfeffrige Note passte perfekt zu dem milden Gemüse aus grünen Frühlingszwiebeln und den hausgemachten Eierravioli mit Frischkäsefüllung. Zum Dessert Frische Erdbeeren mit Zitronenmousse oder Espresso? Da mussten wir nicht lange überlegen.

Erdbeeren mit Zitronenmousse

Da saßen wir nun in diesem lauschigen Garten, betreut von einer außergewöhnlich freundlichen und trotzdem natürlichen Kellnerin und hatten ein meisterliches Menü zum unschlagbaren Preis genossen. Dienstag bis Freitag bietet das Heine dieses absolut empfehlenswerte Mittagsangebot und macht damit Appetit auf das Abendangebot mit den so beworbenen "erlesenen Weinen", die wir diesmal nicht getestet haben. Allen Frauenpostillenredakteurinnen rate ich zum Lunch im Heine wenn sie mal in Leipzig sein sollten, der Cesar Salat dürfte ebenfalls den besonderen Pfiff haben. Wir werden jedenfalls öfter dort essen, denn selten sind wir so zufrieden aus einem Restaurant gegangen. Bravo Heine, weitermachen!

Update (18. Dezember 2007): Von R., den wir am Wochenende in Leipzig besucht hatten, kam die traurige Nachricht: Den Mittagstisch gibt es nicht mehr, das Heine öffnet jetzt erst ab 18 Uhr.