Sonntag, 25. Februar 2007

Hilfe, diese Möhren!

Eigentlich wollte ich an dieser Stelle einen Text über einfache Genüsse schreiben, konkret: über einen Besuch im Volkshaus am frühen Samstag Abend nach zwei anregenden und anstrengenden Tagen mit Foucault und die im Volkshaus verspeisten exzellenten Chickenwings vulgo gebackenen Hähnchenflügel. Ich wollte Abbitte leisten, weil ich das Volkshaus seit Jahren meide und gestern nun festgestellt habe, dass man dort bei akutem Hunger sehr solides Essen zu einem vernünftigen Preis bekommt. Neben den erwähnten Hähnchenflügeln könnte ich die Volkshaus-Currrywurst mit Pommes und hausgemachter, fruchtig-scharfer Currysauce empfehlen, die Freund A. bestellt hatte, der mich probieren ließ.
Nun aber ist heute Abend die Katastrophe eingetreten, die sich in punkto Gemüsekiste ja schon angedeutet hatte. Der Gemüselieferant brachte am Donnerstag neue Möhren. Es gab zur Abwechslung Möhrensuppe mit Ingwer (keine Ironie, als Suppe hatten wir sie wirklich noch nicht).
GutesEssen löffelte einen halben Teller widerwillig aus und stellte dann die Nahrungsaufnahme mit der Bemerkung ein, der Möhrengeschmack verursache ihm Würgereiz und er könne Möhren nicht mehr sehen. Jetzt mache ich mir erstens Sorgen um ihn, denn Nahrungsverweigerung ist wirklich nicht seine Art, zweitens ist noch ein Kilo Möhren da.
Morgen gibt es jedenfalls Hackbraten und dann werde ich die Möhren verschenken. Die restliche Möhrensuppe von heute wird eingefroren und frühestens in acht Wochen aufgetaut. Aber was tun, wenn der Lieferant in knapp zwei Wochen wieder Möhren bringt?

Eine Überdosis und ihre Folgen

Es geht nicht mehr, das Fass ist bis zum Überlaufen voll, ich bin an einem Punkt angelangt, wo ich nur noch sage: "Stopp, keine Gelbenrüben mehr, sonst muss ich brechen!" Am Donnerstag hatte wieder die Gemüsekiste vom Linkehof an unserer Tür geklingelt, schön voll mit Wintergemüse und Obst: Petersilienwurzeln, Zwiebeln, Rosenkohl, Sellerie, ein paar saftige Bauernäpfel und ... Möhren. Ein ganzes Kilogramm von dem Zeug, und die vorige Lieferung war noch nicht verarbeitet. Zuletzt hatten wir mit den Karottenfingern den Überschuss kräftig abgebaut, das war auch ein ganz hervorragender Genuss. Und jetzt neuer Nachschub. Mir wurde ganz schwummrig, um nicht zu sagen, gelb vor Augen. Heute sollte es dann ein kremiges Möhrensüppchen mit frischem Bärlauch zum Abendessen geben, schön scharf mit frischem Ingwer, Sellerie, Zwiebeln und einem Schuss Sahne. Das habe ich dann zubereitet, am Ende mit dem Pürierstab die richtige Konsistenz herbeigezaubert. Sah gut aus, roch appetitlich und beim Abschmecken fand ich es auch noch ganz überzeugend. Das änderte sich leider im Laufe des Abendessen - ich hatte den halben Teller geleert, als sich urplötzlich ein dezenter Brechreiz einstellte. Schon nach den ersten Löffeln verspürte ich einen zunehmenden Widerwillen gegen diesen karottig-süßlichen Geschmack, was sich zu einem kaum noch beherrschbaren Würgereflex steigerte. Nachdem ich tief durchgeatmet und ein Stückchen scharfen Käse als Antidot gekaut hatte, ging's wieder. Aber Möhrengerichte, in denen die Wurzel Geschmack und Aussehen dominiert, sind hiermit für unabsehbare Zeit vom Speisezettel verbannt. Ach ja, den Rest der Suppe haben wir eingefroren. Vielleicht bin ich in einem Vierteljahr wieder in der Verfassung, das Zeug zu essen. Jetzt spüle ich das penetrante Karottenaroma erstmal mit einem schönen Bier weg und erhole mich von der heutigen Überdosis.

Mittwoch, 21. Februar 2007

Auswärts essen: Schiffergesellschaft Lübeck oder Buddenbrooks heute


Die Schiffergesellschaft - sozusagen das Lübecker Äquivalent zu Auerbachs Keller – ist eines dieser Lokale, die man gerade als jüngerer Mensch eher nicht aus eigenem Antrieb aufsucht.
Zugegeben, das Lokal ist dank der alten Einrichtung wirklich urig, man sitzt im vorderen Teil auf langen Holzbänken an Tischen aus dicken Eichenplanken, die Speisekarte bietet verfeinerte deutsche Küche, natürlich zu gehobenen Preisen, und es scheinen dort nicht nur Touristen zu Gast zu sein.

Würden die Buddenbrooks heute eine Familienfeier begehen, würden sie sicherlich in die Räume der Schiffergesellschaft einladen – man kann dort einen dunkelblauen Zweireiher mit Goldknöpfen tragen, ohne aufzufallen, der Service ist äußerst zuvorkommend, es gibt Lübecker Rotspon, die Teppichböden sind dick und dunkel, ebenso wie die Holzvertäfelungen an den Wänden, die Speisen werden elegant angerichtet, und dass die Substanz und der frische Eigengeschmack fehlt und die Servietten etwas fadenscheinig sind – nun ja, dafür macht der Laden doch ganz schön was her.


Am Wochenende nun war ich dort zu einem Jazz-Frühschoppen eingeladen, einer privaten Feier in den hinteren, ebenfalls sehr gediegen-hanseatischen Räumlichkeiten des Hauses. Leider unterlag ich hinsichtlich des Begriffes „Frühschoppen“ einem Irrtum: Für mich hatte ich die Einladung mit „Brunch“ übersetzt, ein Buffet zum Sattessen erwartet und deshalb vorher nicht gefrühstückt. Ein schwerer Fehler - merke: Frühschoppen heißt alkoholische Getränke und kleine Häppchen. Keine Brötchen, keine Aufstriche, kein Kaffee. Und das Buffet wird erst gegen 12.00 Uhr eröffnet. Statt handfester Speisen gab es also etwas, das die ausliegenden Karten neudeutsch als „maritimes Fingerfood“ bezeichneten, Konsul Buddenbrook hätte wahrscheinlich Canapé gesagt.


Häppchen sind im allgemeinen kleine kulinarische Kabinettstückchen, Nahrungszubereitung in ihrer verfeinertsten Form: verschiedene gegarte Lebensmittel, Pasten und Saucen werden kunstvoll gerollt, ausgestochen, geschichtet, dekoriert - und bilden im günstigsten Fall einen perfekten Zusammenklang verschiedener Aromen und Konsistenzen, der auf der Zunge zergeht. Die Winzigkeit dieser kleinen Leckerbissen zeigt uns, dass es hier nicht um profane Sättigung geht. Die Herstellung erfordert Präzision und Können, der Koch (und der Gastgeber, der sie ordert) kann damit richtig Eindruck schinden, Nachmachen zu Hause kann nur für Leute empfohlen werden, die Erfahrung mit filigranen Bastelarbeiten und viel Zeit haben. Gute Häppchen bringen unterschiedliche Geschmacksrichtungen und Texturen zusammen, verbinden Süßes mit Salzigem, Knuspriges und Weiches, Frisches und Erdiges.

Wie gesagt: Das ist die Theorie. In dem hier besprochenen Fall ahnte das Küchenteam anscheinend den Altersdurchschnitt der Gäste voraus und verzichtete weitgehend auf Salz und andere Gewürze. In der Konsistenz erinnerten die sicherlich schon am Vorabend gefertigten Teilchen zum Teil an Sushi-Attrappen aus bemaltem Plastik: trocken, hart, bröselig. Kunstvoll durchaus, aber kein Genuß.

Räucheraal mit Backpflaume im Graved Lachs war fast noch das beste – ein Zusammentreffen von süß und salzig und vor allem nicht so trocken, dafür aber ziemlich fettig.
Shrimpsbällchen in Kokosnuss: Feste frittierte Kugeln mit undefinierbar-merkwürdigem Geschmack.
Dorsch-Polenta-Pralinee in Vollkornteig: Ein Würfelchen aus drei staubtrockenen Schichten - Vollkornbrotkrümel, gekochtes Dorschfilet und trittfester Maisgrießbrei.
Schweinemett im Tako-Brioche: Mett völlig ohne Geschmack und vor allem ohne Salz, sehr sehr kleine Zwiebelwürfel (Wie schneiden die das wohl? Kann ich das auch?) auf einer Art bröseligem Minibrötchen.


Gefüllter Champignon mit Beeftartar: Kein Geschmack irgendeiner Art feststellbar.
Mini-Pizzas (!) belegt mit Salami, Matjes und Poularde: Daran habe ich mich einigermaßen satt gegessen, ist ja auch kein Häppchen im klassischen Sinn.
Dazu ein wirklich sehr gutes hausgemachtes helles und dunkles Brot (ohne Butter oder andere Aufstriche aber etwas trocken) und ein paar ebenfalls geschmacks- und salzarme Saucen.

Tja, was soll ich sagen: Obwohl ich gegen zwölf wirklich schon sehr sehr großen Hunger hatte und das Buffet wirklich lecker aussah, habe ich wenig gegessen - und nach meinem Eindruck haben auch die anderen Gäste nicht sonderlich fröhlich zugelangt.
Fazit: Eine Prunkmahlzeit ohne echten Nährwert, schön anzusehen, prestigeträchtig, aber mehr Schein als Sein. Damit genau richtig für die Buddenbrooks unter uns – falls es mich aber noch einmal in die Schiffergesellschaft verschlagen sollte, würde ich lieber wieder ein Gericht aus der saisonal wechselnden Karte probieren – und hoffen dass der diensthabende Koch einen guten Tag hat.

Freitag, 16. Februar 2007

Heute wird selbst gekocht: Das pikante Ende der Möhre

Erst einmal danke an den anonymen Schreiber, der uns an dieser Stelle freundlicherweise einen sehr brauchbaren Kurztipp zur Karottenzubereitung gegeben hat. Ich werde das kommende Woche ausprobieren, denn ich möchte auch schöner werden. Wehe, das wirkt nicht! Kreuzkümmel haben wir im Haus und ein anständiges Rapsöl wollte ich schon lange besorgen. So, und obwohl niemand gefragt hat (Frechheit, da bietet man das an und keiner will es haben) gibt es jetzt das angekündigte Rezept, das ich aus einem türkischen Kochbuch habe. Damit kann man wirklich einen ganzen Bund Karotten wegarbeiten. Das reicht je nach Hunger für zwei bis drei Personen. Und wenn was übrigbleibt, schmeckt es - aufgebraten in der Pfanne - auch noch am übernächsten Tag.

Karottenfinger (Havuç köftesi)

Zutaten:
10 Möhren (mittelgroß)
2 Scheiben altes Weißbrot oder ein Brötchen, ersatzweise auch Semmelbrösel
1 Ei
6 getrocknete Aprikosen
4 Frühlingszwiebeln
2 Esslöffel Pinienkerne
1 Bund glatte Petersilie (ist aromatischer als gekräuselte)
1 Bund Minze
1 Bund Dill
1 Teelöffel türkisches Chiligewürz kιrmιzι biber (ersatzweise Cayenne und süßer Paprika gemischt)
Salz, schwarzer Pfeffer aus der Mühle
Mehl zum Wenden und Pflanzenöl zum Braten

So und los geht's:

Karotten schälen, in Scheiben schneiden, mit wenig Wasser ordentlich weich kochen. Derweil die Zwiebeln in sehr dünne Ringe schneiden und die restlichen Zutaten mit einem Kochmesser kleinhacken. Die gekochten Möhren abgießen und gut abtropfen lassen, dann mit einem Kartoffelstampfer oder einer Gabel zu Mus zerdrücken. Jetzt kippt Ihr die restlichen Zutaten hinzu. Die Masse sollte nicht mehr heiß sein, sonst gerinnt das Ei. Außerdem würdet Ihr euch die Finger verbrühen, denn jetzt heißt es kneten, kneten, kneten, solange bis man einen schönen klebrig-feuchten Möhrenteig hat. Ist er zu flüssig, einfach noch Semmelmehl unterarbeiten.

Natürlich muss man sich nicht sklavisch ans Rezept halten. Wenn keine Minze zu bekommen ist, kann man sie auch weglassen, Dill gibt es auch getrocknet, das türkische Chiligewürz kιrmιzι biber habe ich in Leipzig sowieso noch nirgendwo gesehen. Die Aprikosen, oder was danach ausgesehen hat, habe ich aus einer Trockenfrüchtemischung herausgeklaubt.

Jetzt kommt der pappige Teil: aus dem Teig rollt man (am besten mit angefeuchteten Händen) dicke, etwa fingerlange Würste, die man anschließen in Mehl wälzt. Ohne das Mehl würden die Köften (oder Köftes, oder wie auch immer) in der Pfanne festkleben und zerfallen. Jetzt ordentlich Öl in der Pfanne heiß machen und die bemehlten Karottenteilchen rundherum braten. Mit der Temperatur ist das so eine Sache. Ist das Fett zu kalt, saugen sich die Möhrenfinger voll, ist es zu heiß, können sie leicht zu dunkel werden.

Am besten schmecken sie mit einer würzigen Joghurtsoße. Dafür nehmt Ihr einen Becher kremigen Joghurt, gebt den Saft einer halben Zitrone und zwei mit Salz zerdrückte Knoblauchzehen dazu. Ordentlich mit Salz und frischem Pfeffer abschmecken. Ich finde ja, dass dieser türkische Zaziki am besten schmeckt, wenn er ein paar Stunden durchziehen darf.

Mit diesen kleinen Köftendingern kann man bestimmt ganz prima auch Pitabrote füllen, bisschen Salat und Tomate (letztere bitte erst wieder im Sommer kaufen!) als Begleiter, ordentlich Soße drüber. Kommt sicher gut. Bin gespannt, ob jemand sich an dieses nette kleine Gemüserezept wagt. So, und das war's jetzt mit der Karotte als solcher - jetzt habe ich wirklich genug von den gelben Wurzeln.

Dienstag, 13. Februar 2007

Campus, die Mensa von Gohlis?


Normalerweise bin ich ein klassischer Warmzuabendesser. Den Mittag bringe ich mit Broten, einem kleinen Imbiss oder, noch schlimmer, mit gar nichts herum. Heute allerdings saß ich zur High Noon-Zeit mit dem guten A. zusammen, wir hackten etwas genervt an einer Webseite rum, hirnten über Texten, als er mich unverhofft mit den Worten "Mir hängt der Magen bis zu den Knien" vom Rechner wegzerrte. Weil außer Möhren nicht viel im Haus war, machten wir uns auf die Suche nach einem brauchbaren Mittagstisch. Sollte auch nicht zu teuer sein, A. schwebte was im Mensapreisniveau vor.

In Gohlis ist das mangels kaum vorhandener Hochschulen allerdings ziemlich schwierig zu finden - doch halt: seit neuestem gibt es mit dem Mediencampus im Poetenweg auch im Norden so etwas wie Uni. Und solche Orte haben immer auch so etwas wie eine Mensa. Die heißt hier Campus, nennt sich Restaurant und Bistro und hat mit der Mensa Petersteinweg so viel zu tun, wie gegrilltes Zanderfilet mit Hering in Tomatensoße. Schon das Ambiente (ein Wort aus versnobten Wohnzeitschriften á la H.O.M.E - hier passt es) lässt jede Assoziation an eine Studentenabfütterung sofort absurd erscheinen. Ein etwas schlauchiger, von hellen Glasfronten eingerahmter Raum, über ein Panoramafenster kann man schon von der Straße dem Kellner beim Bierzapfen zusehen. Wenn man den etwas versteckten Eingang gefunden hat, erwarten einen Zweiertische aus Holz mit Strohsets, elegante und trotzdem bequeme Bistrostühle.

Die Kellnerin sprintet heran, bringt die Getränkekarten. Etwas ratlos blättern wir im Weinangebot, wo stehen denn die Mittagsgerichte? Wir entdecken sie an einer Wandtafel, mit Kreide angeschrieben. Achtung Kurzsichtige: aus fünf Meter Entfernung ist das nicht ganz leicht zu entziffern, unsere Augen sind ok und so locken heute in verschmockter Haute-Cuisine-Prosa "Blattsalat an Jogurtdressing mit Garnelen", "Poulardenbrust in Parmesan-Ei-Hülle mit Kürbiskernnudeln und Tomatensoße" für 8 und 7,50 Euro. Klingt gut, ich bestelle mir die Poularde, A. ordert das Schweineragout für 6 Euro. Beilagen: Grüner Spargel (im Februar?) , Reis und Estragonsoße. Das "gelbe Linsensüppchen" (5 Euro) kann nichts dafür, dass heute niemand Linsen mag.

Dann warten wir. Etwa 20 Minuten. Das heißt, hier wird vermutlich frisch gekocht. Die Weinkarte ließ ich in dieser Zeit ungesehen zurückgehen - also bitte keine Fragen, welche Tropfen mir entgangen sind. Mr. B., der ebenfalls zu uns gestoßen ist, verzichtet ganz auf ein Getränk - kein Problem für die Bedienung, die unseren Tisch routiniert-professionell eindeckt. Dafür hält es Mr. B. für typischen "Wessischeiß", dass die Dame fragt, ob "die Speisen in Ordnung" seien. "Da weiß keiner, ob die das überhaupt ehrlich meinen, geht doch nur ums Verkaufen."

Soviel: Die Poularde schmeckt. Ja, sie ist zart, nicht trocken, genau gegart - und es wirklich eine Menge Fleisch. Die breiten Nudeln mit kleinen Kürbiskernstücken haben Biss und kommen mit genau der richtigen Menge sahniger Tomatensoße. Ich glaube, A. hätte sich auch besser für das Huhn entschieden - das Ragout sah zwar sehr appetitlich aus, nur war die Menge nicht gerade Heißhunger kompatibel. Der anschließende Latte Macciato machte ihn auch nicht satt und trieb A. nach dem Zahlen in den nächsten (von mir geschmähten) Kettenbäcker.

Jetzt bin ich etwas unentschieden, wie man merkt. Für einen Mittagstisch war es ganz nett, ich bin satt geworden, der Ort ist recht angenehm mit seiner luftigen Architektur, die Getränke sind auch ok. Der Laden ist schick, aber nix für den Studi. Möglicherweise liege ich mit der Annahme einfach falsch, denn der Student der "Technologies of Multimedia Production" zahlt immerhin 10.000 Euro für zwei Jahre Masterprogramm. Da sollte das kleine Radler für 2,20 Euro denn auch kein Problem sein. Und abends nach dem Seminar speist man mit den handverlesenen Kommilitonen die Variation von Edelfischen mit Safransoße, Zuckerschoten und Reis für 14,00 Euro.

Sonntag, 11. Februar 2007

Da gibt's doch tatsächlich noch einen Lecker-Esser

Ja, Mensch, jetzt finde ich tatsächlich in Consul's World einen kleinen Appetitmacher, der eines meiner Lieblingsrestaurants in den höchsten Tönen preist. Der Autor findet, das Piagor in der Südvorstadt sei ein ganz famoser Laden. Gebe ich ihm recht, denn bisher war es immer ein absoluter Genuss dort. Allerdings liegt mein letzter Besuch schon mehr ein halbes Jahr zurück - ein guter Grund demnächst der Münzgasse wieder einen Besuch abzustatten, um zu sehen, was die Karte jetzt so bietet.

Ein kleiner Hieb für mich: der Consul leitet doch tatsächlich einige seiner älteren Restauranttipps mit Lecker essen in ein. Ich entbiete meine Entschuldigung für die Titeldopplung. So kommt das, wenn man spontan mit Bloggen anfängt, ohne vorher den Namen abgecheckt zu haben. Aber weil das Web groß genug für uns beide ist, bleibt lecker essen in leipzig! bei seinem Namen, Consul's World wird es mir hoffentlich verzeihen.

Freitag, 9. Februar 2007

Karotteninvasion aus der Gemüsekiste

Seit letztem Frühjahr klingelt jeden Donnerstag der Lieferant des Baalsdorfer Linkehofs bei uns und bringt die Gemüsekiste vorbei. Beste Demeterqualität und gar nicht teuer. Eieiei, da sind immer wunderbare Sachen drin! Und weil man vorher nicht weiß, was der Gemüsebauer gerade abgeerntet, oder - jetzt im Winter - auf Lager hat, ist das jedesmal sowas wie eine riesige Wundertüte. Das Zeug ist wirklich unglaublich lecker. Vielleicht bis auf den (inzwischen abbestellten) Zuckerhutsalat, der mit seiner Bitterkeit jeden italienischen Magentrostlikör locker weggallt.

Ich könnte jetzt schwärmen, dass der Salat frisch und knackig ist, der Grünkohl, die Kohlrabis und Roten Beten wunderbar duften und sich mit Aromen des gesunden Bodens vollgesaugt haben, aus dem sie kommen. Aber das hilft niemanden weiter, denn den Unterschied zum optisch perfekten 08/15-Wassergemüse mit angezüchteter Geschmacksarmut muss man erschmecken. Genau! Erschmecken.



Zum Beispiel mit den Möhren: ordentlich waschen (die sind voller echter Erde), schälen, in nicht zu kleine Stücke schneiden. Gerne noch eine kleine Zwiebel in feine Würfel zerkleinern. Dann nicht zu wenig Butter in einem flachen Topf erhitzen und jetzt die Karotten mit den Zwiebeln dazugeben und kräftig andünsten. Salz und etwas Koriander reichen als Würze. Wenn das Gemüse schön karamelisiert ist (diese Möhren sind wirklich süß), mit etwas Sherry ablöschen, Flüssigkeit einreduzieren. Und dann das Aroma genießen. Macht mal den Vergleichstest mit einer holländischen Hochleistungskarotte aus dem 2,5-Kilopack...

Aber auch wenn es wirklich herrlich schmeckt, irgendwann habe ich genug von Möhren. Im Sommer konnte ich nach zweimonatiger Dauerlieferung den Kohlrabi nicht mehr sehen, Kohlrabi gefüllt, gedünstet, als Auflauf - es reichte einfach. Und gestern schau ich in die Kiste: wieder ein Kilo Wurzeln, die von vor zwei Wochen sind noch nicht verbraucht, von der vorvorigen Lieferung gibt es auch noch Reste. Was kann man damit noch machen? Möhrenpüreé (Babys spucken das gerne aus), Möhrensaft (ist nicht meins), Möhren geraspelt (mit Rosinen!), Möhren als Tapas (mit Knoblauch), Möhrenauflauf? Das Problem wird verschoben, jetzt müssen erstmal die anderen Kistenbewohner dran glauben: Feldsalat, Rote Beten, Grünkohl und Pastinaken sehen schon ihrem Schicksal entgegen. Möhre - was soll nur aus dir werden...

Donnerstag, 8. Februar 2007

Burgermania in der Karl-Liebknecht-Straße



Mein alter Kumpel H. hätte jetzt gesagt: Mann, gestern wieder feist abgefressen! Ich würde ihm zustimmen, aber sein elegantes Bonmot gerne noch um den Zusatz ergänzen, es sei zudem noch höchst delikat gewesen. Das würde ich gerne immer sagen über das Essen im Hotel Seeblick, denn das ist so eine Sache dort mit der Qualität. Die schwankt - meiner Erfahrung nach zwischen so lala und super, und das hat damit zu tun, was das "Seeblick" nicht ist. Nämlich weder Hotel, noch Strandgastronomie - der Gast findet sich vielmehr im ironischen Zitat eines deutschen Wohnzimmers der 70er-Jahre wieder, zwischen Studenten, Medienmachern und den Rasta-Leuten aus dem nahen Connewitz. Außerdem sollte man rauchresistent sein und Fußball zumindest nicht verabscheuen, denn wenn in den oberen Ligen gekickt wird, kann man das auf zwei Fernsehern live verfolgen. Wir sind also in einer alternativen Südvorstadtkneipe mit wechselndem Personal - und je nach Tagesform und Küchenbesatzung kann der Besuch in einem rauschhaften Fresserlebnis oder einer leichten Enttäuschung enden. Das äußerst appetitlich angerichtete Saltimbocca von vor vier Wochen war so ein Erlebnis - bissfest, mit einer Anmutung von Schuhsohle. Kann passieren, aber das führte dazu, dass ich gestern wieder das Paradegericht bestellte, einen der gigantisch guten Burger.

Kein Kettenbrater kann meines Erachtens mit diesen hausgemachten Kloppern mithalten, allein die Garnierung aus reichlich gedünsteten Zwiebeln und Gurken ist ein Gedicht, als Beilage gibt es handgeschnitzte Pommes. Dazu reicht die meistens freundliche Bedienung eine Flasche HP-Sauce. Ich bevorzuge den "Seeblick-Burger Classic", es gibt ihn aber auch als Cheeseburger, vegetarisch oder mit einer kross gebratenen Speckscheibe. Preise derzeit: zwischen 5,50 und 6,50 Euro. Dazu empfiehlt sich ein gut gezapftes Bier vom Faß oder ein schönes Hefeweißbier (aus der Flasche).



Diesmal hätte ich mich aber guten Gewissens für eines der beiden Tagesgerichte entscheiden können. Auf dem Foto ist der selbstgemachte Falafel mit Mango-Jogurt und Hummus (4,50 Euro) zu sehen. Letzteres ist ein kremiges Kichererbsenpüree, sehr knoblauchwürzig, zum Finger abschlecken. Bravo! Deshalb gehe ich davon aus, dass der "Schaschlikspieß a lá Seeblick mit hausgemachtem Kartoffelsalat" (5,80 Euro) ebenfalls eine tolle Sache gewesen wäre. Was da an den Nebentischen serviert wurde, sah jedenfalls sehr vielversprechend aus. Da wollte ich dann doch wissen, wer so gekonnt an den Töpfen und Friteuse zaubert. Küchenchefin Fritzi persönlich wars! Also, wer auf Nummer sicher gehen will, fragt beim nächsten Besuch, ob Fritzi brutzelt. Wenn ja, die umfangreiche Karte oder Tagesgerichte durchprobieren. Wenn nein, tja, ich weiß auch nicht, ein bisschen Glück ist auch mit dabei. Ich habe im Seeblick schon zu oft gut gegessen, um nur Fritzi fürs gute Mahl verantwortlich machen zu können. Und ein Abschlusstipp für Leipziger Partygänger: Frühstück gibt's bis nachmittags um drei.

Mittwoch, 7. Februar 2007

Endlich hervorragendes Brot

Vor einiger Zeit irrte ich über den Leipziger Wochenmarkt, getrieben von dem Gedanken, was ich am Abend kochen könnte. Und auf der Suche nach Brot, denn die geschmacksarmen, trockenen Schnellprodukte des Kettenbäckers an der Ecke öden mich einfach nur noch an. Das Zeug schmeckt nicht einmal, wenn es frisch aus dem Backautomaten kommt.

Also, wie gesagt, ich schleiche durch die Budenreihen, als sich mein Blick auf einen bisher ungesehenen Wagen heftet, dessen Aufschrift mir sagt: hier gibt es Biobrot. Als ich stehen bleibe, hält mir ein älterer, etwas hektischer Mann einen Korb voller Minibrötchen unter die Nase. Ich solle unbedingt probieren! Selbst der Marktleiter, der gerade seine Standgebühren eintreibt, wird zum Verzehr genötigt. Das Brötchen ist mit Rosmarin gewürzt, knuspert angenehm - ich komme in Kaufstimmung. Schließlich gehe ich mit zwei Laugenbrezen und einem Viertellaib dunklen Bauernbrot nach Hause. Nicht billig, aber ist ja Bio. Ein paar Stunden später ist bereits die Hälfte vernichtet, mein Butterbrotkonsum steigt geradezu unanständig an. Die Brezen: ein Genuss, angenehmer Laugengeschmack, zart-knusprig, saftiger Teig. Gebäck, wie ich es seit Jahren, ja seit Jahren nicht bekommen habe.

Inzwischen ist die Bäckerei Drescher aus dem Leipziger Waldstraßenviertel, so heißt dieser famose Laden nämlich, mein absoluter Favorit unter den Leipziger Bäckern. Gestern holte ich mir auf den Nachhauseweg eine Dinkelstange. Das arme Ding kam niemals in meiner Wohnung an. Ehrlich gesagt hat es keine 400 Meter Fußweg überlebt, die Knusprigkeit und der vollmundige Geschmack ließen mir leider keine andere Wahl. Warum das so ist? Wahrscheinlich, weil die beiden Geschäftsinhaber aus Bayern und dem bayerischen Schwaben kommen. Und dort im Süden versteht man sich einfach (leider auch zunehmend weniger) auf hervorragende Bauernbrote - schön, dass diese Qualität jetzt auch in Leipzig zu finden ist.

So, und jetzt gehe ich in die Küche, säble mir einen schönen Kanten von dem hellen Bauernbrot von gestern ab (tolle Kruste, saftiger Teig!) und schmier' mir schön Süßrahmbutter drauf. Jawohl. Und der Kettenbäcker gegenüber kann sein Fabrikbrot an jemand anders verkaufen, auch wenn der Kram ein Drittel billiger ist.

Zur Ehrenrettung des Handwerks muss ich aber sagen, dass es in dieser Stadt noch ein paar andere durchaus respektable Meister in diesem Gewerbe gibt. Und die werde ich natürlich auch noch vorstellen, in einer der kommenden Folgen in diesem Blog.