Irgendwann kam ich mal als Student in diese Stadt. Entdeckte sie Stück für Stück, veränderte mich gemeinsam mit ihr und blieb doch, wie sie, im Kern doch immer der gleiche. Das ging mir heute durch den Kopf, als ich durch die Stadt radelte, die inwischen die meinige geworden war in ziemlich vielen Jahren.
Ich hatte zugesehen, wie das alte Maitre dichtgemacht wurde, Ort vieler netter Frühstücke mit Freunden. Das Grundmann sollte sein Nachfolger werden. Aber Maitre war Bach, Grundmann ist Mendelssohn, auch wenn Dieter immer noch bedient. In "Das Monstrum" wurde ihm ein kleines Denkmal gesetzt. Vielleicht der einzige Grund, diesen Film nochmal anzusehen; in ein paar Jahren, wenn mich die Nostalgie packt.
Kürzlich stand ich vollkommen verdattert im Biergarten Prager Frühling, verschwunden war die improvisierte Holzhütte mit Getränkausschank und Grill. Dort, wo ein freundlicher fränkischer Griller einen Sommer lang die Würste wendete. Auch er ist für immer verschwunden. Stattdessen ein postmoderner Metallkasten, servicefreundlich, blitzblank, effizent. Ob Connewitz jetzt beim Biertrinken bürgerlich wird? Wenigstens der knirschende Schotter ist geblieben,
Das Beyerhaus - immer überfüllt, verraucht, nie werde ich den Abend vergessen, als ich Stunden neben einem Kotzfleck saß, aber es war einfach kein anderer Platz mehr frei. Egal. Hauptsache das Bierglas war immer voll. Vieles ist gleich geblieben, man holt sich noch immer das Bier an der Bar, aber dass man keinen Platz mehr bekommt, habe ich seit Jahren nicht mehr erlebt.
Kennt noch jemand Toms Hütte? Eine düstere Wohnungskneipe Nähe Ostplatz, feucht, dunkel, von ungutem Geruch, die Sperrmüllmöbel schmierig und der Wirt nicht freundlich. Toms Hütte ist lange verschwunden. Vielleicht bringt sie jetzt durchsaniert einem verrenteten Wiesbadener Zahnarzt magere Mieteinnahmen. Möglicherweise wurde das Haus inzwischen vom Erdboden ausradiert, fiel der Abrissbirne zum Opfer. Wie dutzende andere, an deren leeren Grundstücken ich heute vorbeiradle und mich nicht mehr erinnern kann wie das ausgesehen hat, als dort noch Mauern waren, Fenster, Türen. Vielleicht bröckelig, aber immer noch ein Haus. Jetzt finde ich Schutt und Grünflächen und Nichts.
Wie lange ist es her, dass der Alexandrina in der KaLi den besten Döner der Stadt machte? Als Freund H. zu Besuch aus Berlin kam und als erstes begeistert das klasse Shawarma mampften wollte. Äonen. Irgendwann kam der Einbruch, dann der 1-Euro-Döner - unsere Liebe zerbrach, ich aß woanders meine Fladenbrote.
Das Kitchen kam und ging, und viele andere Kneipen, Restaurants, Imbißbuden mit ihm. Immer wieder entdeckten und probierten wir Neues, Überraschendes, Sensationelles aber auch vieles aus der Kategorie "Naja". Und just, kurz nachdem ich eines schönen Abends nach dem Genuss eines herrlichen Backwerks beschloss, die Welt an unseren Streifzügen und Beobachtungen zu beteiligen, ist es passiert - der Abschied von Leipzig steht kurz bevor.
Weil ich aber eigentlich gar keinen Platz für Melancholie habe, tröstete ich mich heute mit ein paar wunderbaren Kuchen, die ich einigermaßen unvermatscht im Rucksack nach Hause brachte. Die Bäckerei Schlett, die leider nicht die kleinste Webseite hat, lag nämlich auf meiner Tour durch die Stadt. Es gibt sie in der Gustav-Mahler-Straße und in der Eisenacher Straße - und wenn der von mir beschwärmte Bäcker Drescher tolles Brot macht, so verehre ich Frau oder Herrn Schlett für die phänomenalen Feinbäckereien. Von den wagenradgroßen Streuselkuchen mit Pflaume, Apfel, Kirsche, Johannisbeeren lasse ich dann immer mehr absäbeln, als zwei Leute auf einmal essen können. Ich werde diese Stadt vermissen.
6 Kommentare:
Oh nein, und das wo ich mich gerade anfing als Stammleserin zu fühlen!
Abschied von Leipzig ist schwer, und wann immer man in der Weltgeschichte Ex-Leipziger trifft, merkt man, daß die Stadt einen nicht so schnell losläßt. Die gucken immer so sehnsüchtig.
Und ja, ich erinnere mich sehr gut an Toms Hütte. Sowie an Zeiten als das Markt 9 quasi die einzige brauchbare Kneipe in der Innenstadt war, vielleicht bis auf das Sankt Petersburg unterm Hansahaus. Aber das ist sogar noch länger her. (Wobei man korrekterweise sagen müßte, daß es heute weder das Markt 9 noch brauchbare Kneipen in der Innenstadt gibt...)
Alles Gute für den Anfang andernorts!
Danke! Ja, Leipzig kann einen schon für sich einnehmen. Aber noch sind wir nicht ganz weg und das Blog wird auch nicht geschlossen, sondern unter modifizierten Namen weitergeführt. Entweder heißt es dann nur noch lecker essen! oder eben lecker essen in berlin! ;-) Aber das wird sich zeigen. Der alte Bestand wir unter der Rubrik Leipzig erhalten, bestimmt kommt auch noch was dazu, wenn wir ab und zu auf Besuch hier sind.
Übrigens kann ich mich noch erinnern, als das Markt 9 aufgemacht hat. Das war ja sowas wie die der Urknall für die Enstehung der Kneipenmeile im Barfußgässchen.
Als ich nach Leipzig kam, war das Hansahaus schon im Neubau. Das Sankt Petersburg habe ich nicht mehr erlebt.
Die Bäckermeisterin Frau Schlett dank für das Lob, es gibt uns zwar nicht im Netz aber in der Brüderstrasse( Nähe Uniklinikum), Am alten West-Platz(Friedr.Ebert-Str.33) und in der Eisenacher Str. in Gohlis. Noch immer mit dem herrlich leckeren Schlettschen Bauernkuchen und noch dies und das.....vorbei kommen, probieren gut finden
Der Weg zur Bäckerei Schlett ist für uns leider ein bißchen weit geworden, aber an Ihren Kuchen denke ich noch von Zeit zu Zeit - besonders an den mandeligen Kirschkuchen. Ich wünschte, ich könnte so backen.
Herzliche Grüße!
Hallo GutesEssen,
kannst Du dich noch daran erinnern wie lange die Aktion mit dem 1€ im Alexandrina ging?
Du würdest mir sehr helfen.
Warum kann ich dir gerne persönlich erklären. ;o)
LG, Katha.
Wie lange die Ein-Euro-Aktion ging, weiß ich wirklich nicht mehr. Irgendwann 2006 oder so muss es losgegangen sein mit dem Dumpingdöner, dann achtete einfach nicht mehr drauf. Es kann sein, dass das 2007 noch zu Ende ging - aber ich weiß es nicht mit Bestimmtheit. Sorry, dass ich dir nicht mehr mit harten Fakten helfen kann.
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