Donnerstag, 26. April 2007

Pizza-Grundversorgung an der Peripherie: Ristorante Bella Strega in Stötteritz

Es gibt Hunger, Appetit und es gibt den Appetit auf etwas Bestimmtes – zum Beispiel auf eine gute Pizza. Dieses Gelüst kann mangels Steinofen nicht am eigenen Herd gestillt werden – und ein konfektionierter Teigfladen mit fettigem Industriekäse ist nur bei akuter Bettlägerigkeit eine brauchbare Alternative.

Am Dienstag sollte es also einfach eine gute Pizza sein, unkompliziert, günstig, ohne große Ansprüche an Lage und Ambiente des Lokals, Zahl der Mineralwassersorten auf der Karte etc. pp.
Unser erster Weg führte uns daher nach Eutritzsch zum „Da Pepino“, in den vergangenen zwei oder drei Jahren eine sympathische und empfehlungswürdige Adresse für einfache italienische Hausmannskost. Ehrlich betroffen standen wir dann vor einem leergeräumten Laden, in dem ein an die Scheibe geklebter karierter Zettel „GESCHLOSSEN“ verkündete. Anscheinend versagten sogar dem Kugelschreiber ob des Elends die Kräfte, denn in der Mitte des Wortes ging die Tinte aus und die Großbuchstaben waren nur noch ins Papier gekratzt.

Jetzt erst recht entschlossen, von der Lage benachteiligte Stadtteilitaliener zu unterstützen, führte der zweite Versuch nach Stötteritz, in die Holzhäuser Straße 106.
Die „Bella Strega“ befindet sich in einem Neubau am Rande eines hässlichen Frühneunziger-Einkaufszentrums, mit dem man Stötteritz keinen Gefallen getan hat. Schon beim letzten Besuch habe ich bewundert, wie die Restaurantbesitzer es mit Dekokram, großen Topfpflanzen und einigen von der Decke herabhängenden Stoffbahnen schaffen, dass man in dem großen rechteckigen Raum doch ganz angenehme Eckchen hat. Sonst möchte ich bei Restaurantdeko am liebsten die Mistgabel holen, hier aber sehe ich ein, dass es in dem Raum nicht anders geht. Die Tische sind schön eingedeckt und das Italo-Schlagergedudel muss man wohl in Kauf nehmen - immerhin singt der Kellner leise mit.


Ein Ort für ein Pärchenveranstaltung, bei der man einander romantisch in die Augen glotzt, ist das Lokal bestimmt nicht. Dafür aber gruppenkompatibel und kinderfreundlich, an einem der anderen Tische sitzen jedenfalls zwei Frauen mit insgesamt drei Kindern, die sich statt mit dem Essen mit den Wasserschildkröten im Aquarium und mit ihren Gameboys beschäftigen. Hier gehen offensichtlich Leute hin, die in der Nähe wohnen, und, so wie wir, unkompliziert etwas essen wollen.

Mein Begleiter nimmt eine Suppe zum Anfang – Tortellini in brodo, das heißt einige mit Fleisch gefüllte Tortellini in klarer Brühe. Zwar handelt es sich hier anscheinend um ein Fertigprodukt, aber immerhin um ein hochwertiges.
Die Pizzen kosten zwischen 5,20 und 8 Euro und sind nach italienischen Städten benannt. Zwei Kreationen – Pizza mit Spaghetti Carbonara und Pizza mit Spaghetti und Erbsen – finde ich etwas absonderlich – ungefähr so sinnvoll wie Klöße mit Kartoffelbrei. Genauso beunruhigt mich das Tagesangebot auf einer Tafel an der Wand: „Spaghetti mit spicy Brotbröseln“ (??) für 6,50 Euro. Ob das wohl mal jemand bestellt?
Wir bleiben mit unseren Wünschen lieber auf der sicheren Seite (schließlich wollen wir heute das Vertraute und keine Experimente) und ordern die „Pizza Palermo“ mit Thunfisch und Zwiebeln für 6,50 und die „Pizza Benevento“ mit Zucchini- und Auberginenscheiben für 7 Euro. Die Pizzen sind groß und handgeformt – der Bäcker werkelt im Lokal hinter einer gemauerten Theke – in der Mitte flach, reichlich belegt, am Rand fluffig-aufgegangen und knusprig.
Auch Getränke sind im "Bella Strega" äußerst günstig: 0,25l einfacher roter Hauswein kosten 3,20, eine kleine Apfelschorle 1,50 Euro, der Espresso, den wir uns dann noch gönnen, 1,60 Euro.
Alles in allem 25 Euro für zwei Personen für eine sehr solide Vorstellung, Wir sind satt und zufrieden.
Das größte Plus des Abends ist aber der überaus freundliche Kellner, der den hier kürzlich kritisierten Kollegen zeigt, wie das geht. Er fragt nach, ob das Essen in Ordnung ist, erkundigt sich mehrmals nach weiteren Wünschen, flirtet zu deren Entzücken mit der Frauenrunde am Nebentisch und managt den Laden souverän, obwohl es fast voll und er ganz allein ist. Zweimal weist er uns auf den Pizzatag am Mittwoch hin – da kostet jede Pizza nur 4 Euro und man solle unbedingt reservieren. Hoffentlich denken wir daran, wenn der nächste Pizza-Appetit mal an einem Mittwoch kommt.

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