Dienstag, 17. April 2007

Eine Hausfrau hat das im Gefühl: Hirschfilet, rosa gebraten

Perfektes, gleichmäßig rosa gebratenes, zartes Fleisch: Das esse ich ungeheuer gerne. Meistens aber im Steakhaus, zum Beispiel im hier schon erwähnten Escados. Denn zu Hause ist das nicht einfach. Man braucht Erfahrung, der Profi weiß, wann es gut ist, und die Hausfrau...siehe oben. Und ich? Ich muß mich sklavisch an das Rezept halten und mit der Uhr in der Hand neben der Pfanne bzw. neben dem Backofen stehen.

Eine Gelegenheit dazu ergab sich am letzten Wochenende, denn 500g Hirschrückenfilet (das Objekt eines spontanen Kaufanfalles von Ich mag gutes essen!, der bei einem Besuch in der Markkleeberger Filiale der Pegauer Rossschlächterei Jahr nicht widerstehen konnte) lag seit Donnerstag im Kühlschrank.
Nun gut. Nach einiger Rezeptrecherche im Internet wurde schnell klar, dass ein Old-School-Wildbraten, in Buttermilch eingelegt und eine Stunde geschmort, ganz und gar nicht das richtige ist, sondern dass dieses Filet vom Rothirsch rosa gebraten gehört. Mit der Gefahr, dass es nach meinen dilettantischen Bratversuchen zu blutig ist, oder zu durch und zu trocken - oder zu zäh weil uns da ein Stück Hirschmethusalem angedreht wurde.

Ich hielt mich genau an dieses Rezept für Hirschfiletmedaillons mit Nusskruste, mit halbierten Zutaten, denn wir hatten ja "nur" 500g Filet und für den Anfang ohne die drei Beilagen.

Zunächst ist sorgfältiges Arbeiten wichtig: Das Fleisch quer zur Faser in sechs genau gleich dicke Scheiben schneiden, dann gart es später gleichmäßig. Auf beiden Seiten salzen und pfeffern und Zimmertemperatur annehmen lassen.

Den Tipp des Rezepts, für die Nusskruste eine Tüte Studentenfutter zu kaufen, griff ich dankbar auf, nur erwies sich die Tüte "pittje party nuts" als Enttäuschung, denn der Inhalt bestand fast nur aus Rosinen und Erdnüssen. Es war also kein Problem, 25g Rosinen mit einem guten, großen Messer auf einem Holzbrett sehr fein zu hacken und mit 50g weicher Butter und 40g gemahlenen Haselnüssen zu verrühren. Für die 60g gemischten Nüsse, die gehackt ebenfalls in die Krustenmasse wandern sollen, sortierte ich die wenigen Cashewkerne und Haselnüsse aus, nahm ein paar Erdnüsse dazu (ein Fehler!) und füllte mit Haselnüssen und Mandeln auf, die im Küchenschrank noch vorhanden waren. Das Salzen der Masse erwies sich als schwierig. Salz löst sich in dem ganzen Fett nicht auf, so dass ich auch im fertigen Essen noch das Gefühl hatte, auf ein paar Salzkörnchen zu stoßen.

Für die folgenden Schritte des Rezepts muss man sich einen Zeitplan überlegen: Die Filetstücke werden zunächst in der Pfanne angebraten und wandern nebeneinander in eine leicht gebutterte Auflaufform, werden oben mit der Nussmasse bedeckt und dann noch genau sieben Minuten im vorgeheizten Backofen bei 200 Grad gebacken. In der Zwischenzeit köchelt man in der Pfanne mit Zwiebeln, Rotwein und Preiselbeeren eine Soße, was weit länger als sieben Minuten dauert. Daher also: erst Fleisch anbraten, in die Form legen, in Ruhe die Soße und eventuelle Beilagen fertig machen und dann erst das Fleisch in den Ofen stellen.

Zum Anbraten braucht man erstens eine hochwertige, schwere Pfanne und zweitens Erfahrung. Die Hitze darf nicht so hoch sein wie beim Anbraten von Gulasch oder anderen, für langes Schmoren vorgesehenen Fleischstücken - dann wäre die Scheibchen nämlich schon durch und möglicherweise trockene Schuhsohlen. Also Butter heiß werden lassen, sie darf leicht bräunen, aber nicht verbrennen. Das Rezept verlangt eine Minute Braten pro Seite, das mache auch ich nach Gefühl, stehe dafür den ganzen Tag in der Küche und koche dir dein Ei...ach nein.
Die Nussmasse kommt erst oben drauf, als die Soße fast fertig ist und die Scheiben etwas abgekühlt sind, dann schmilzt sie auch nicht sofort weg.

Hirschmedaillons kurz gebraten mit Nusskruste

Was die Soßenherstellung betrifft fühle ich mich wieder auf der sicheren Seite, das kenne ich, also wird hier nicht mehr genau abgemessen und gewogen.
Ich dünste in der nun leeren Pfanne eine gehackte kleine Zwiebel an und schütte acht zermörserte Wacholderbeeren hinterher. Die schmeckt man in der fertigen Sauce fast nicht mehr, es hätten also noch mehr sein können. Das ganze wird mit einem Glas Sasbacher Rote Halde Spätburgunder Kabinett von 2003 abgelöscht, einem ausgewogenen, aber nicht sonderlich aufregenden Rotwein vom Kaiserstuhl aus dem Vorrat, der auch zum fertigen Gericht ganz gut schmeckte.

Außerdem kamen noch zwei großzügige Esslöffel Wildpreiselbeeren aus dem Glas dazu und einige Suppenkellen selbstgekochter Rinderbrühe. Brühe kochen wir von Zeit zu Zeit in großen Mengen und frieren sie dann portionsweise ein. Einen guten Ersatz dafür weiß ich nicht - im Zweifelsfall lieber Wasser nehmen als versalzene Maggiprodukte.
Das ganze lässt man jetzt einige Zeit kräftig kochen - der Fachmann sagt reduzieren - also die Flüssigkeit wird weniger, der Geschmack bleibt und wird immer konzentrierter. Daher unbedingt mit dem Salz vorsichtig sein und lieber erst zum Schluss salzen.

Wie konzentriert man die Sauce haben will, muss letztlich jeder selbst entscheiden. Ich darf an dieser Stelle verraten, dass im lecker-essen-Haushalt bisweilen Kämpfe ausgefochten werden, weil zwei unterschiedliche Soßenkulturen (viiiiel Soße vs. konzentrierte Soße) aufeinandertreffen. Aber darüber ein andernmal.

Wie auch immer, jedenfalls wird das Eingekochte durch ein feines Drahtsieb geschüttet und leicht durchpassiert. Durch die zerkochten Preiselbeeren und Zwiebeln hat die Soße eine leicht sirupartige Konsistenz und eine glänzende, dunkelrot-braune Farbe.
Für das Abschmecken kann man aus der Ferne nur bedingt Tipps geben. Im Fall dass Soße da ist, die aber nach nichts schmeckt, könnten einige der folgenden Zutaten hilfreich sein (aber nicht alles auf einmal!): Sojasauce, asiatische Austernsauce, Tomatenmark, ein Spritzer guter Weinessig, Sherry, Zitrone, Senf, Pflaumenmus oder andere Marmelade, Honig, süßer Gewürzpaprika oder ausnahmsweise gekörnte Gemüsehefebrühe (möglichst Bio ohne Geschmacksverstärker). Zum Schluss kamen noch ein wenig (etwa drei Esslöffel) Sahne und der Fleischsaft aus der Auflaufform hinein.

Nun näherte sich der Augenblick der Wahrheit: Wie hatte das Fleisch unter der Nusskruste die sieben Minuten im Ofen überstanden? Würde es tatsächlich zart sein?

Hirschmedaillon mit Kloß

Ja, es war zart und rosa. Nur eine Scheibe einen Tick zu blutig - die war wohl zu kurz in der Pfanne. Die Soße konzentriert und köstlich, die Thüringer Klöße so, wie sie sein sollten. Die Nusskruste krustig und nussig, leicht süß und sehr mächtig - leider schmeckten die Erdnüsse sehr durch. Für mich ein bisschen viel Nuss im Essen.

Beim nächsten Mal würde ich die Nüsse für die Kruste sortenrein kaufen und auf keinen Fall Erdnüsse verwenden. Oder doch eine Speckscheibe nehmen und mir ein ganz anderes Rezept ausdenken. Ich könnte mir das Hirschmedaillon mit Nusskruste auch gut mit Beilagen und im Rahmen eines Menus vorstellen, dann aber nur eine Scheibe pro Person, sonst ist das nicht mehr lecker, sondern so, als müsste man eine Tüte Studentenfutter ganz alleine essen.

1 Kommentar:

Silit hat gesagt…

Ich möchte mich hier einmal für das leckere Rezept bedanken. Meine Frau hat es im Internet gefunden und haute zubereitet. Ich kann nur sagen, Bombe :-)

da war der Ostermontag gerettet.

Vielen Dank noch einmal

Jörg

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.