Donnerstag, 5. April 2007

Schweinesucht, gestillt mit Würsten aus Möckern

Geboren wurde ich in einem Landstrich, wo Männer sich schon in jungen Jahren stöhnend die von der Gicht rotgeschwollenen Zehen reiben. Eine beliebte Todesursache bei der Altergruppe 55 bis 60 sind Herzinfarkt und Schlaganfall und ständig bekommt man zu hören, dass der Georg oder der Hans "es" wieder ganz schlimm mit der Galle haben. Unvergesslich die Bekanntenbesuche im Krankenhaus, wo ich als kleiner Junge die frisch entfernten dunkelgrünen Steine bewundern durfte, die kurz zuvor noch im Gallengang der Tante Frieda zu schlimmen Koliken geführt hatten. Ursache dieses Elends und anderer Gebrechen (gewaltige Trommelbäuche, Dreifachkinne, Kurzatmigkeit, Bluthochdruck) ist, neben dem enormen Bierkonsum in dieser Gegend, der exzessive Genuss von deftigen Fleischwaren, hauptsächlich vom Schwein.

Ich weiß nicht, ob dieser Appetit auf Schweinernes genetisch ist oder auf Erziehung basiert. Aber auch wenn ich wochenlang quasi-vegetarisch leben kann, packt mich trotz der oben genannten möglichen Folgen immer wieder der Heißhunger auf Braten und Wurst. In meiner früheren Heimat würde ich dann in einen beliebigen Fleischerladen gehen und hätte gute Chancen, dort die besten frischen Bratwürste der Welt zu finden. Das kann man hier in Leipzig leider nicht erwarten, nach langem Suchen und Probieren habe ich doch mehrere Schlachter gefunden, bei denen ich mit größtem Vergnügen einkaufe, wenn das Raubtier in mir wieder nach tierischer Nahrung brüllt. Dann mache ich mich auf den weiten Weg Richtung Möckern, zur Fleischerei Knötzsch. Mit ziemlicher Sicherheit muss ich erstmal Schlange stehen, denn leer habe habe ich den Laden noch nie gesehen. Aber Fahrt und Warterei lohnen schon allein wegen der verschiedenen herrlichen Mettwürste, die der Meister dort, wie fast alles andere auch, selbst produziert.

Mettwurst

Sie sind mager, zart und immer gleich köstlich. Es gibt sie mit Kümmel, Zwiebel, Knoblauch, als Knacker (groß) und als fingerdicke Appetithappen (den Namen hab ich vergessen), frisch oder abgehangen. Vor kurzem traute ich mich auch an die grobe Leberwurst und habe es nicht bereut: leicht angeräuchert, mit großen Fleischbrocken, dezente Majoranwürzung, köstlich. Jetzt haben wir den Bratenaufschnitt und den saftigen gekochten Schinken probiert - als ich etwas naiv fragte, ob letzterer Formfleisch sei (dieses Zeug, das im 200 Gramm-Pack im Supermarkt irgendwas um die 1,30 kostet), klärte mich die Dame hinter der Theke stolz auf, dass sei natürlich ein echter Kochschinken. Ist er, kann ich bestätigen, gibt es auch nicht für 65 Cent pro 100 Gramm. Kein Bastelfleisch. Bisher habe ich beim Herrn Knötzsch noch nichts gekostet, was mich enttäuscht hätte. Zum Beispiel die Kochsalami oder die "Brühpolnische" (so eine Art Riesenbockwurst - den Namen hatte ich vorher noch nie gehört). Demnächst werde ich die schlesischen Weißwürste antesten, denn da hat sich die Metzgersfrau auf meine Frage hin, ob die wie die Münchner Würste seien, ganz schön aus dem Fenster gelehnt. Ihrer Ansicht seien sie sogar besser, nämlich "nicht so wabbelig wie die Münchner und mit ein bisschen Zitrone gemacht". Ok, das überprüfen wir. Ein Paar gute Münchner Weißwürste, mit süßem Senf und einem Hefeweißbier dazu, sind nämlich wirklich einen ausgezeichneter Imbiss. Die Latte für den Leipziger Konkurrenten liegt hoch. Bericht folgt

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