Während GutesEssen sich schrittweise von Osten aus den Hoch- und Tiefpunkten der kulinarischen Szene Berlins nähert, hat es mich vorübergehend in die andere Ex-Hälfte der Stadt verschlagen. Folglich werde ich in den nächsten Wochen die Hauptstadt von Westen aufrollen – vielleicht treffen wir uns ja in der Mitte zur gemeinsamen Degustation. Den Anfang macht ein Stadtteil, der Auswärtigen vor allem durch seinen Knast bekannt sein dürfte – Moabit.
Über das Bäckerhandwerk war hier ja schon einige Male etwas zu lesen. Dem möchte ich einige Teilchen hinzufügen und dabei meiner Begeisterung Luft machen. Denn ich habe mich in den hier ansässigen Bäcker Kiran verliebt. Also nicht den Bäcker selbst, sondern den Inhalt seiner Auslagen. Und bevor jemand das Argument rausholt, dass ich als Zugereister mir ja wohl keine Empfehlungen erlauben könne, füge ich hinzu, dass mehrere mir bekannte Moabiter unabhängig voneinander (!) von selbst Fans und Stammkunden geworden sind.
Wenn man die lange Turmstraße abschreitet, trifft man auf zahlreiche Läden „mit Migrationshintergrund“, also mehr oder weniger exotischen Speisen und Rohstoffen dazu. Hier liegen dicke Bündel frischen Thymians und Rosmarins neben Schafskäse für wenig Geld in den Auslagen und lassen die Selbstkocher frohlocken. Dazwischen drängelt sich in der Nummer 36, in unübersehbarem Gelb-Rot gehalten, ein Exot der anderen Art. Das Schaufenster kündigt nämlich eine „Konditorei“ an und man reibt sich verwundert die Augen, denn nicht eine einzige Torte schmückt die Auslage. Hier wird nicht mit Creme hantiert, hier pflegt man das solide Backhandwerk. Sogar doppelt, denn in einem Shop-in-Shop werden auch noch belegte Baguetten gereicht.
Woher nun also die Begeisterung? Nun, es handelt sich um eine kurdisch-türkische Bäckerei, aber eine, die kurz vor der Verleihung des Integrations-Ordens steht. Hier türmt sich nämlich nicht nur Fladenbrot in den Auslagen, sondern auch diverse typisch deutsche Backerzeugnisse, also auch schnöde Brötchen. Spannend für mich persönlich ist dabei, dass der übliche Blechkuchenoverkill hier zugunsten zu einer großen Menge von süßen Teilchen eingeschränkt wurde.
Und dann: die Preise. Das Prinzip „x Stück kaufen für nur x Euro“, das woanders in Aktionswochen die Ladenhüter attraktiv machen soll, gilt hier täglich und für jedes kleine Produkt. Und selbst die Preise ohne Rabatt schlagen die FeinbäckerKampsSiebrecht-Mafia locker aus dem Feld. Das reicht noch nicht als Argument? Dann geht doch mal in den Abendstunden hin. Dann könnt ihr seelenruhig einmal quer die ganze Auslage durchprobieren und die dicke Tüte wird euch mit einem freundlichen Lächeln zu einem Preis überreicht werden, der allein dem Bauchgefühl des Verkaufspersonals entspringt und dem Preis der Ausschilderung nicht mal ansatzweise nahe kommt.
Ach ja, die Leserschaft wird nach der Qualität fragen. Die geht sehr in Ordnung. Wer wie ich gerne etwas mehr Zuckerguss auf dem Teig hat und wen es nicht stört, dass die Schweineohren und Spritzkuchen regelrecht davon durchgesogen sind, der wird hier viele freudige Geschmacksknospenerlebnisse haben. Also: Die Moabiter Döner und Currywurst mal links liegen lassen und dem guten deutschen Kleinbackwerk frönen!
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