Damit fing es an: Air Berlin, Käse- bzw. Putenbrustsandwich
Der Berliner Winter hat uns wieder. Montag hatten wir noch unter Orangenbäumen gefrühstückt, Dienstag Nachmittag schleppten wir uns im Schneeregen wieder über den Maybachmarkt.
Was war passiert? Der Lecker-Essen-Haushalt verbrachte die vergangene Woche in Sevilla bei angenehmen zwanzig Grad und Sonnenschein. Nach sechs olivenölgetränkten Tagen sind wir nun wieder zu Hause und beobachten an uns zwar gewisse Überdrusserscheinungen angesichts von Frittiertem, sind aber optimistisch, nach diesem Licht- und Farbenschub den Berliner Restwinter noch ganz gut zu überstehen.
Das kam danach: Sevilla, Paseo Cristóbal Colón, 27. Februar, 20 Grad
Natürlich haben wir auch Tapas gegessen - praktisch ständig. Unsere Freundin T., seit bald zwei Jahren in Sevilla ansässig, meinte sogar, sie würde ihre Zeit fast nur mit arbeiten, essen und schlafen verbringen. Das Leben in Sevilla ist energieraubend, es wird viel und lange gearbeitet, das merkt man sogar als Besucher. Im Moment laufen die Vorbereitungen für die Semana Santa auf Hochtouren - entlang der Hauptstrecke der Prozessionen werden Tribünen aufgebaut, die Blumenrabatten bepflanzt, an der Uferpromenade und auf Parkplätzen proben abends die Musikkapellen der Bruderschaften, auf zahlreichen Baustellen im Stadtzentrum wird auch am Wochenende gearbeitet.
Essbares gibt es buchstäblich an jeder Ecke, und im Unterschied zu vielen anderen touristischen Zielen muss der Besucher nie den Eindruck haben, er diene skrupellosen Wirten nur als leichtes Opfer, um sich die Taschen zu füllen. Natürlich gibt es auch die üblichen Ketten, zum Beispiel fünf Starbucks-Filialen (deren Existenzberechtigung mir angesichts der Qualität des spanischen Kaffees, der in Sevilla etwa einen Euro kostet, allerdings nicht einleuchtet).
Die meisten Bars sind aber Familienbetriebe und sehen im Prinzip alle gleich aus: Bunte Kacheln an den Wänden, dunkles Mobiliar, ein paar Schweinebeine hinter der Theke, die Preise überall ähnlich moderat, das Essen wahrscheinlich nirgendwo ganz schlecht. Den Unterschied machen nur Kleinigkeiten aus: ob die patatas fritas selbst gemacht sind oder ob auf Fertigpommes oder gar Kartoffelchips zurückgegriffen wird. Ob die Salatbeilage ein Dressing hat, oder ob einfach ein paar nackte Streifen Eisbergsalat auf dem Teller liegen. Und nicht zuletzt das Vermögen der Bedienung, rudimentärstes Touristenspanisch wie unseres wohlwollend interpretieren zu wollen.
In jeder Hinsicht gut gefallen hat uns ein Besuch in der Bar Estrella in der gleichnamigen Gasse nahe Kathedrale und Plaza de la Alfalfa. Von der Calle Francos, einer Fußgängerzone zwischen Kathedrale und Iglesia de Salvador geht rechter Hand zwischen einem Laden für Möbelbeschläge und einem Laden für Fußballfanartikel eine winzige Gasse ab, die Calle Pajaritos, die nach hundert Metern direkt auf die Bar Estrella zu führt.
Die Bar Estrella bietet einige ungewöhnliche Tapas-Eigenkreationen wie zum Beispiel frittierte Auberginen mit Honig oder gebackenen Camembert mit Krabbenfüllung. Auch die Tapasklassiker wie chipirones (kleine zarte Tintenfische) werden mit Sorgfalt zubereitet und mit hübsch arrangierten Beilagen serviert.
Die Fleischspieße vom Grill kommen in Begleitung einer kreuzkümmeligen öligen Soße in einem kleinen Töpfchen, was sich zunächst nicht recht erklärt, sich nach dem Probieren aber als eine geniale Lösung für das leidige Würzproblem beim Grillen entpuppt. Wie oft habe ich schon Fleisch mariniert und dann festgestellt, dass nach dem Grillen oder Braten von dem Geschmack nicht so viel wie erwartet zurückgeblieben war. In diesem Fall kommt die Marinade einfach nachträglich ans Fleisch - eigentlich naheliegend, aber von selbst wäre ich da nie drauf gekommen.
Wir testeten auch noch das flamenquín, eine kleine panierte Fleischrolle mit Schinken- und Käsefüllung und köstliche anchoas fritas, kleine fritierte Sardellen, die man bis auf ein Stück Rückengräte komplett wegknurpscheln konnte.
Wegen dieser Anchovis wollte ich am letzten Abend auch noch einmal unbedingt in die Bar Estrella - aber ach, es war Sonntag und sonntags hat die Bar dann doch mal geschlossen.
(Übrigens hätten wir ohne T. die Bar Estrella nie gefunden. Schon bei der Suche nach unserem Hotel irrten wir mit einem Ausdruck von google maps umher, in dem ungünstigerweise nur eine Minderzahl der Straßen mit einem Namen versehen war. Später benutzten wir einen kostenlosen Stadtplan der Touristeninformation, der den Straßenverlauf zum Teil nur annäherungsweise wiedergibt und in dem die Pasarela de la Cartuja, eine 1991 gebaute Brücke über den Guadalquivir, nicht verzeichnet ist. Da wir diesen Übergang für eine der Brücken auf unserer Karte hielten, landeten wir unerwartet in einem Industriegebiet zwischen Brachflächen und den Überresten der Weltausstellung 1992. Unter anderem konnten wir auf unserem mehrstündigen Fußmarsch den bizarren Torre Schindler, die Verwaltungszentrale der Elektrizitätsversorgung und dem Turmbau zu Babel in gelbem Klinker mit stacheldrahtbewehrtem Zaun näher in Augenschein nehmen. Aus dem geplanten kleinen Spaziergang nach Triana wurde so ein Marsch von mehr als drei Stunden, bei dem GutesEssen irgendwann wimmernd bat, hier zurückgelassen zu werden, weil ich ohne ihn besser durchkommen würde. Nach dem Verzehr einiger frittierter Garnelen im Teigmantel konnte er den Rückweg glücklicherweise bewältigen.)
4 Kommentare:
Hallo ihr Beiden!
Es ist eine Freude über dieses Blog gestolpert zu sein. Wenn ihr gern am Wochenende ausgiebig frühstückt, mag ich Euch dafür einmal die BöseBubenBar empfehlen an der Marienstrasse(Mitte). Das Ei ist vielleicht nicht ganz so zu empfehlen, aber dafür ist das Ambiente, die frischen Brötchen und die Bilbliothek im hinteren Raum sowie die ausgefallenen Getränke der Karte auf jeden Fall einen Besuch wert. Würde mich einfach interessieren, wie Euer Eindruck dort is(s)t!
Danke für das Lob, das versüsst den Sonntagmorgen!
Deinen Frühstückstipp werden wir demnächst gerne mal testen, ein überzeugendes Frühstückscafé haben wir in B. nämlich noch nicht gefunden.
Hey, Sevilla, wie schön! Da bin ich im April. Hoffentlich/vielleicht habt ihr euch meine Beiträge zu Sevilla (auf getestet.wordpress.com) mal angeschaut, wenn nicht, dann habt ihr nochwas fürs nächste Mal... würde mich interessieren, falls ihr bei einer der Locations ward, wie ihr sie fandet.
Die Bar Estrella werde ich auf jeden Fall austesten.
Ja, jetzt wo ich Deine ganzen Beiträge zu Sevilla gelesen habe - das hätten wir wirklich vor der Reise lesen sollen.
Wir sind leider außerordentlich planlose Verreiser, das heißt wir wissen, wo wir schlafen werden, der Rest ergibt sich (oder auch nicht und dann gehen wir halt in Venedig zum Chinesen).
Für die nächste größere Reise nehme ich mir hiermit fest vor, diese Planungsschwäche zu überwinden - für Sevilla hätte sich etwas Recherche wirklich gelohnt.
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