Einladendes Leuchten zwischen S-Bahn und Gasometerskelett
Cocktailbars sind meine Lieblingsorte zur Einnahme hochprozentiger Getränke. Wo sonst kann man sich als einsamer Mensch oder in geselliger Kleingruppe mit Stil ordentlich einen hinter die Binde kippen. Natürlich ist das Vergnügen deutlich hochpreisiger als in der kleinen Spelunke in unserer Straße, aber dort bekommt man weder eine anständige Irish Queen noch brauchbare White Ladies. In Leipzig landeten wir nachts häufiger im Madrigal - wo die Drinks wirklich blitzsauber gemixt sind. Aber Leipzig ist nunmal Geschichte (auch wenn es vorgestern sehr schön zum Flieger in 7000 Meter Höhe hochstrahlte...), und ich muss endlich mal davon loskommen.
Also empfehle ich jetzt einfach eine Bar in Berlin, die ich genau zweimal besucht habe. Die Jansen Bar in Schöneberg. An den ersten Besuch kann ich mich nur noch düster erinnern. Das aber hängt hauptsächlich damit zusammen, dass der schon mehr als ein Dutzend Jahre zurück liegt. Damals besuchte ich meinen guten Freund H. in seiner winzigen Einzimmerwohnung in Schöneberg. Geplant war ein Herrenwochenende, denn seine Freundin war an die Ostsee zu einem Kongress gefahren. Wir hatten schon einen feuchtfröhlichen Nachmittag und Abend hinter uns, als sie auf einmal im Zimmer stand. Sie hatte sich um eine Woche im Datum geirrt. Aber offensichtlich war sie trotzdem in Feierlaune (das ist sie eigentlich immer). Sie verfrachtete uns ins Auto und wir düsten in die Gotenstraße zur Jansen Bar. Nach einigen Cocktails war ich dann der Meinung, jetzt bräuchte ich etwas "Leichtes" - und bestellte mir einen Samubuca. Den kannte ich aus einer Fernsehwerbung, die damit endete, dass kichernde Kaffeebohnen begeistert ins Schnapsglas hüpften. So was kann nichts Hartes sein, dachte ich wohl in meinem Alkohol umnebelten Zustand und bestellte genau mit diesen Worten: "Ich hätte gerne was Leichtes - einen Sambuca."
Im Fernsehen haben die Kaffeebohnen noch gekichert. Jetzt sind sie stumm. Wahrscheinlich hat sie der Alkohol betäubt.
Warum ich das noch so genau weiß? Weil mir der Satz von den Teilnehmern der Trinkrunde noch heute unter die Nase gerieben wird, wenn zu vorgerückter Stunde ein geistiges Getränk gereicht werden soll. "Willst du ein Bier? Oder lieber was Leichtes - einen Sambuca...?" Den Rest des Abends verschweige ich. In einer Zeit, wo Flatratesaufen langsam zum Problem wird und täglich volltrunkene 13-Jährige in Berlin von der Straße aufgesammelt werden, käme jeder weitere Schilderung als Verharmlosung von Alkoholgenuss an. Nur soviel: nach unserer Rückkeher in die Wohnung leerten B. und ich noch einer Flasche Wladmir-Jubiläumswodka. Das letzte Gläschen zwang mich dann zu einer gnuherdenartigen Ein-Mann-Stampede zur Toilette.
Vor ein paar Wochen war ich dann das zweite Mal in der Jansen Bar. Diesmal war H. bei uns Neuberlinern zu Besuch, er wohnt jetzt bedauerlicherweise in München. Ein Abstecher in der noch immer quicklebendigen Jansen Bar war jetzt natürlich Pflicht. Wir klingelten an der Tür. Denn die geht nur von innen auf, öffnete sich aber schon nach knapp 30 Sekunden. Die Bar war besetzt von schicken Jungen, die früher mal Yuppies hießen und sich für den Besuch der Clubparty (vormals Disco) aufwärmten. Wir fanden noch Platz im Raum hinter der Bar, zwischen Menschen unterschiedlichsten Alters und sexueller Orientierung. Auch zur Happy Hour, wo jeder Cocktail unter neun Euro für fünf zu haben ist, bekommt man sorgfältig gemixte Getränke.
Ein bisschen Geduld muss man schon haben, der Jansen-Barkeeper arbeitet nach dem Prinzip "Gut Ding braucht Weile" und liefert echte Qualität. Die Zeit bis zum Servieren der bereits erwähnten Irish Queen und White Lady versüßte beziehungsweise versalzte das kostenlos bereit gestellte Knabberzeugs. Unsere Cocktails waren köstliche, und auch der gigantische Iced Tea für H. wirkte absolut überzeugend.
Als ich meine Königin leergetrunken hatte, blieb dann nur noch ein finaler Akt: Was Leichtes zum Abschluss. Ein Sambuca. Ich bestellte wiederum mit genau diesen Worten, ohne aber eine merkbare Reaktion bei der Kellnerin zu erzielen.
42 Prozent sorgen anständig für Feuer.
Fast hätte ich mir am Glas noch die Lippen verbrannt - so ein Anisschnaps hat ordentlich Power. Allerdings war das mit Sicherheit mein letzter. Ich steh nicht so auf suß und klebrig. Den kommenden Besuch in der Jansen Bar werde ich mit was anderem abschließen.
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