Montag, 31. Dezember 2007

Punk is not dead ... und veganes Essen ist köstlich

restaurant zest

Beides mag überraschend klingen, beweist sich aber im tadellosen Restaurant Zest in der Bornaischen Straße 54 - im Vorderhaus des Zoro, einem sehr alternativen Veranstaltungsort für Punkkonzerte und Verwandtes. Zwischen den beiden Läden gibt es wohl personelle oder andere Verbindungen und zu späterer Stunde setzt sich manchmal die heftig tätowierte Küchenchefin raus an den Tresen - aber das Zest ist keineswegs ein verranzter Alternativentreff, sondern ein äußerst professionell geführtes Restaurant und nebenbei bemerkt eines der besten seiner Preisklasse in Leipzig.

Auf der monatlich wechselnden Karte entdecke ich jedes Mal etwas Neues. Die Gerichte bedienen sich aus verschiedenen Länderküchen von Orient bis Okzident, verwenden saisonale Zutaten und bieten überraschende Zusammenstellungen, neue Geschmackserlebnisse und Dinge, die ich einfach noch nie gegessen habe. Die Zest-Besatzung stellt alle Gerichte frisch her und verwendet keinerlei Fertigprodukte. Der Service tritt in der Ansprache weder zu salopp noch zu förmlich auf und kann sehr kompetent zu den Gerichten auf der Karte Auskunft geben. Genau so würde ich gerne überall bedient werden - und da meine ich nicht nur die Läden, wo sich überforderte studentische Aushilfskräfte redlich abmühen, sondern gerade auch Lokale, die offensichtlich nach Höherem streben.

Also gleich mehrere Gründe, unserem vorweihnachtlichen Kurzbesuch in Leipzig entgegenzufiebern, für den wir frühzeitig einen Tisch reserviert hatten - das Zest ist gerade am Wochenende abends meistens durchreserviert und da das Stuhlwerk in dem kleinen Raum mit den freiliegenden Backsteinwänden erheblich bequemer ist, als es aussieht, wird da meistens auch so schnell nichts frei. Freund R. musste nicht lange gebeten werden, GutesEssen und mich zu begleiten, denn neben dem Essen schätzt er die kleine, aber besondere Auswahl offener Weine, die man so in Leipzig kaum bestellen kann.

fruehlingsrollen

hummus mit fladenbrot

selleriepüree

Als Vorspeise bestellte ich die sensationellen knusprigen Frühlingsrollen mit Currygemüsefüllung und fruchtig-sauer-süß-scharfer Mangosoße (4, 50 Euro), GutesEssen verspeiste das Sellerie-Schnittlauchpüree in hauchdünnem Teig mit geschmortem Chicoree (5, 10 Euro) und R., der an einer Zungenverletzung laborierte, labte sich im ersten Gang an Hummus (Kichererbsenpaste) mit selbst gebackenem Fladenbrot (3, 90 Euro).

linsensalat

Kartoffelgnocchi mit rosmarinpesto

Als Hauptgericht wählte er, der lädierten Zunge wegen, den lauwarmen Linsensalat mit Lauchzwiebeln und Seitanspießen (7, 30 Euro), und erklärte ihn zum "besten Essen dieses Wochenendes". Gutes Essen und ich entschieden uns beide für die Kartoffelgnocchi mit Rosmarin-Walnuss-Pesto und marinierten Kräuterseitlingen (8, 90 Euro). Das Pesto wäre für mich Grund genug, mich für ein Küchenpraktikum im Zest zu bewerben - um herauszukriegen, mit welchen Geräten und Zutaten diese cremige angenehme Konsistenz erzielt wird. Vor etwa einem Jahr habe ich im Zest mal ein Cashewpesto gegesssen, davon träume ich heute noch. Die Kartoffelgnocchi hingegen zeigten gewisse Grenzen der veganen Küche: mit Ei im Teig werden Gnocchi einfach zarter.

schokoladenpannacotta mit balsamicokirschen

Brownies

Auch beim Dessert vermisste ich diesmal ein wenig die tierischen Produkte. Meine Schokoladenpannacotta (3, 90 Euro) war zwar schön bitterschokoladig und traf in der Kombination mit den Balsamicokirschen genau meinen Geschmack, ihr fehlte aber die schmelzende Cremigkeit und Geschmeidigkeit, die sich sonst aus der Kombination von Sahne und Gelatine ergibt, die bei Körpertemperatur im Mund schmilzt. GutesEssens Sojaquarkbrownie (2, 90 Euro) ließ hingegen nichts vermissen und wurde leicht warm serviert. R. bestellte noch ein Sojaeis (die Zunge!) und einen Espresso, den er geschickt an derselben vorbeikippte.

Heute, am Silvesterabend, serviert das Zest ein Menu mit acht Gängen - schade, dass ich nicht dabei sein kann, denn ein Restaurant dieser Klasse haben wir in Berlin noch nicht entdeckt. Gleich gehts raus ans Spreeufer, Feuerwerk gucken. Allen Lesern, die bis hier her durchgehalten haben, ein gutes neues Jahr - und immer einen vollen Kühlschrank.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Für das neue Jahr wünsche ich Euch ein paar schöne Leberwurstbrote.

GutesEssen hat gesagt…

Dann lieber Brote mit dänischer Leberpastete. Rezept folgt!

Anonym hat gesagt…

Boah das klingt ja lecker.
Wieso fehlt genau diese Preisklasse in Berlin? Man kann ja nicht immer ins Cookies Cream gehen.

Wasabi hat gesagt…

Dieses Preis-Leistungsverhältnis ist mir in Berlin wirklich noch nicht begegnet: Spitzenküche für 10 bis 12 Euro pro Hauptgericht. Aber hast du da vielleicht Empfehlungen? Wir sind ja noch nicht so lange hier.

Anonym hat gesagt…

danke für den Tipp das muss ich echt mal ausprobieren. Die Bilder alleine lachen mich schon an.

Hotel in Leipzig hat gesagt…

Ein toller Beitrag und absolut stimmig.Da wir regelmäßiger Gast sind können wir das oben geschriebene nur bestätigen.Fakt ist, hier wurde schon so mancher Zweifler zu einem Fan der veganischen Küche.

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