Selbstgemachte Semmelknödel sind ein überaus leckeres, preiswertes, resteverwertendes und vegetariergeeignetes Essen. Jetzt im Herbst zum Beispiel gut mit einer Rahmsauce aus selbst gesammelten oder selbst gekauften Pilzen, natürlich als Beilage zu allen möglichen soßigen Fleischgerichten und ganzjährig mit Tomatensauce und Parmesan. Selber machen ist nicht schwierig, braucht aber etwas Erfahrung.
Die gute Hausfrau nimmt für Semmelknödel Brötchen vom Vortag, die den Vorteil haben, dass sich der Feuchtigkeitsgehalt von Brötcheninnerem und –äußeren schon angeglichen hat. Da ich häufig am Vortag noch nicht weiß, dass ich Semmelknödel machen möchte, sammele ich ständig Brötchenreste, Weißbrot, Baguette und Ciabatta. Getrocknet hält sich das so lange, bis mal wieder Knödel fällig sind. Diese Reste müssen gut einweichen und man kann sich mit der Flüssigkeitsmenge leicht vertun.
Für den ersten Knödelversuch (ergibt 7 Stück) empfehle ich daher vorausschauendes Einkaufen von vier Brötchen, zwei Eiern, einer kleinen Zwiebel, 250ml Milch und für den Notfall etwas Semmelbröseln oder Mehl.
Am nächsten Tag werden die vier Brötchen in dünne Scheiben von etwa 5mm Dicke geschnitten. 250ml heiße Milch darübergießen, und umrühren, so dass alle Scheiben benetzt sind. Das kann jetzt getrost erst einmal eine Viertelstunde in der zugedeckten Schüssel einweichen. In der Zwischenzeit eine kleine Zwiebel sehr fein hacken und dazugeben, nach Wunsch auch etwas Petersilie.
Die Brötchenscheiben sollten die Milch mehr oder weniger aufgesaugt haben. Kräftig mit Salz, Pfeffer und etwas Muskat würzen und zwei Eier unterrühren. Jetzt sollte sich in der Schüssel ein zusammenhängender Teig befinden, ohne trockene und harte Stücke. Also lieber länger als kürzer weichen lassen und alles mit einem Holzlöffel oder den Händen ordentlich durchmatschen. Wenn der Teig zu trocken ist, wahlweise etwas Milch zufügen, wenn die Masse zu flüssig zum Formen ist, etwas Semmelbrösel einarbeiten.
Die richtige Konsistenz lässt sich nur schwer beschreiben und auch nur schwer abbilden, daher empfiehlt sich ein Test mit einem Probekloß. Ich mache das auch immer, da es Semmelknödel nur in so großen Abständen gibt, dass ich nie in ein routiniertes Semmelknödelgefühl reinkomme.
Dazu einen großen, eher breiten als hohen Topf Salzwasser bis zum Kochen erhitzen und zunächst einen kleinen Kloß (Golfballgröße) hineingeben. Die Temperatur muss man so regulieren, dass das Wasser nur ganz leicht kocht, mit wenigen kleinen Blasen, die vom Topfboden aufsteigen. Der Kloß sinkt zunächst auf den Topfboden und steigt nach einigen Minuten majestätisch wieder nach oben. Manchmal hängen sich die kleinen Biester am Topfboden fest, so dass man sie mit einem Kochlöffel vorsichtig anstupsen muss. Nach 15 bis 20 Minuten ist der Knödel gar, und wenn er gut ist, ist er im Inneren elastisch und trocken. Jetzt kann man probieren, ob genügend Salz und Pfeffer dran ist.
Wenn der Teig noch nicht optimal ist, zeigt sich das meistens innerhalb von zehn Minuten. Erodiert der Kloß, saugt er sich voll Wasser und lösen sich einzelne Brocken ab? Dann sind die Brötchenpartikel wahrscheinlich noch zu trocken, brauchen mehr Milch oder Ei und müssen noch etwas durchweichen. Auch etwas Mehl kann helfen, dann sind die größeren Stücke besser im Teig gebunden. Wenn der Kloß innen noch schmierig ist, ist er noch nicht richtig gar. Alles in Ordnung? Dann das Wasser noch einmal zum Kochen bringen, mit nassen Händen Knödel, diesmal im Tennisballformat formen und ab damit.
In den zwanzig Minuten, die jetzt noch bleiben, kann sich Koch oder Köchin bequem der Vollendung der Beilagen widmen.
Sollten Knödel übrigbleiben, halten sie sich gut verpackt einige Tage im Kühlschrank und schmecken ganz ausgezeichnet, wenn man sie in Scheiben schneidet und von beiden Seiten in Butter brät.
Semmelknödel für Fortgeschrittene
Zwei schmackhafte Abwandlungen des Semmelknödels aus der (Süd)Tiroler Küche, die dort mit zerlassener Butter und geriebenem Parmesan als Vorspeise serviert werden, aber mit einem Salat auch eine ganze Mahlzeit bilden können.
Für Käseknödel kommen in die Knödelmasse noch zwei Handvoll (etwa 100g) kräftiger Bergkäse, in ganz kleine Würfel (etwa 5mm Kantenlänge) geschnitten.
In die Speckknödel kommt der berühmte Tiroler Speck, ebenfalls in kleinen Würfeln und vorsichtig angeröstet. Man kann auch 100g anderen durchwachsenen Speck würfeln und die Würfel bei mittlerer Hitze auslassen, bevor sie (ohne das ausgebratene Fett) in die Masse wandern.
Weitere Abwandlungen sind sicher denkbar – zum Beispiel könnten einige gewürfelte getrocknete Tomaten und gehackte Basilikumblätter statt Petersilie interessante mediterrane Semmelknödel ergeben. Oder hat schon mal jemand Semmelknödel mit gehackten Walnüssen im Teig und Gorgonzolasauce als Beilage versucht? Semmelknödel mit Safran-Zitronenwürzung zu Fisch? Süße Semmelknödel? Wenn ich noch länger drüber nachdenke, könnte es eigentlich fast jeden Tag Semmelknödel geben.
2 Kommentare:
Mit Video - köstlich!
Aber mal ganz im Ernst, ich habe große Manschetten vor deutschem Essen: fett, bläht, hat Oma gekocht und einem aufgezwungen, ganz entsetzliche Assoziationsketten spulen sich da mental ab. Letztens habe tatsächlich die erste Mehlschwitze meines Lebens gemacht. Da besteht also einiger Nachholbedarf. In diesem Sinne: weiter so, auch in Berlin!
Glaub mir, das geht mir ähnlich. Erst seit ich sie selbst koche, mag ich deutsche Küche, und ich esse sie immer noch nicht so gerne bei Oma, wo der Rotkohl in Schweineschmalz geradezu schwimmt, obwohl Oma ganz subjektiv meint, sie würde mit wenig Fett kochen.
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