Freitag, 16. März 2007

Für die "Osteria Gerichtsschänke" fahr´ ich sogar nach Taucha

Nennt mir drei Gründe, weshalb man von Leipzig nach Taucha fahren sollte! Ok, einer fällt mir schon ein: Wenn man dort wohnt (aber warum?) und in Leipzig arbeitet, möchte man abends zuhause sein. Das eigene Bettchen ist doch das schönste. Ein zweiter Grund? *Grübel, grübel, denk* … also, du fährst auf der A14 aus Richtung Dresden, seit Döbeln leuchtet Reserve auf und an der Ausfahrt Leipzig Nordost-Taucha ahnst du, dass der Motor gerade den letzten Benzindunst aus dem Tank saugt. Runterfahren, nach ein paar hundert Metern findest du eine Zapfsäule. Ist zwar nur ein Gewerbegebiet, aber gehört zu Taucha. Kommt man gut weg, ist schnell wieder in Leipzig.



Der dritte Grund ist der beste, und der einzige den ich echt empfehlen kann: Essen gehen in der der Osteria Gerichtsschänke. In Italien versteht man unter einer Osteria eine Gastwirtschaft oder Kneipe, wo es zu anständigen Preisen ordentliches Essen, meistens deftige Hausmacherkost, gibt. Damit hat Taucha wenigstens in einem Punkt die Nase vor Leipzig, denn einen solches italienisches Lokal habe ich hier noch nicht gefunden. Wer eines kennt, bitte melden!

Gottseidank hatten wir einen Tisch reserviert, denn als wir gegen acht Uhr abends ankommen, ist der Gastraum rappelvoll. Längst nicht alle Gäste essen, manche trinken auch nur ein Bier, unterhalten sich. Eine gute Atmosphäre, man sitzt unter einer Balkendecke, die Wände sind hell, mit Freskenfragmenten bemalt. Sehr lobenswert: es gibt eine Nichtraucherzone, dort haben wir auch unseren Platz. Kaum sitzen wir, steht trotz des Trubels die Kellnerin schon am Tisch und zählt die Tagesgerichte auf. Die Karte hat eindeutig einen Schwerpunkt auf Pastagerichten, auch der Hauptgang des Tages besteht aus Teigwaren: hausgemachte Ravioli, gefüllt mit Parmaschinken, getrockneten Tomaten, Parmesan. Wasabi greift zu, R., leidenschaftlicher Esser und Bohemian, zaudert noch. Dann ordert er die Maltagliati con ragú di fagiano, Nudeln mit Fasanenragout. Ich nehme die Penne Ghiotte, Röhrennudeln mit italienischer Wurst und Parmesan. Wir werden sanft gewarnt, dass es wohl ein wenig länger dauern könnte mit dem Hauptgang. Aber es gibt ja Vorspeisen, worauf der Gruß aus der Küche, drei Stücke gerollter Eierkuchen mit Rucola und Käsefüllung, ordentlich Appetit macht.

Meine Oma sagt immer, Suppe mache einen guten Magen. So geprägt, nehme ich zur Einstimmung die Tomatensuppe Pappa al pomodoro, eine klare Gemüsebrühe mit Tomatenstücken und viel Stangensellerie. Die anderen bestellen die Tagesvorspeise: Bruscetta mit Ziegenkäse und gegrillten Auberginen, garniert mit Rucola. Während die beiden genüßlich das Brot wegknuspern, hätte meine Suppe durchaus zwei bis drei Prisen weniger an Salz vertragen. Aber ich bin gut erzogen, und löffle sie brav aus. Ganz ehrlich: sie schmeckt trotzdem.

Die Getränke kamen auch sehr zügig auf den Tisch, mein Bier (Wernesgrüner, 0,4l, 2,60 Euro) war zwar gut gezapft, aber leider zu warm, R. ist mit seinem Vernaccia di San Gimignano aber sehr zufrieden. Für 4,60 Euro das 0,2l-Glas kann man das auch erwarten. Danach versuchten wir den Valpollicella "Le Bine", Den Rotwein hätte ich gerne besser gekühlt gehabt, die Trinktemperatur war am oberen Ende des Erlaubten. Die Meinungen gehen hier ziemlich auseinander, aber mehr als 16-18° C sollte auch so ein Wein nicht haben. 5,90 Euro (0,2l) sind ein stattlicher Preis, aber dieser kräftige Classico Superiore passte wunderbar zu meinem Hauptgericht, das mich wieder mit dem kleinen Makel der Suppe versöhnte. Ein Traum, mit viel gutem Olivenöl und Parmesan und einem deftigen Sugo. R. hört sogar auf, vom Essen zu reden (sein Lieblingsthema), denn die Nudeln mit Fasanenragout beschäftigen ihn über die Maßen. Wasabi findet, die Ravioli hätte noch eine halbe Minute kochen können, eine läßliche Sünde, wie sie meint, denn die Fülle sei grandios, mit diesen "unglaublich fruchtigen getrockneten Tomaten".

Mit der Pannacotta zum Nachtisch hat der Osteria-Koch endgültig gewonnen. Aromatisiert mit echter Vanille zerläuft der Sahnepudding kremig und weich auf der Zunge. Die Garnitur aus Bio-Erdbeeren schmeckt wider Erwarten ziemlich vollmundig-fruchtig. Ich muss mich beherrschen, bin kurz davor, den Teller abzulecken. Nach erschütternden Erlebnissen mit glubschigen Gelatinemonstern bei diversen Italienern war das wirklich eine Pannacotta, wie sein soll. Und das von einer Osteriabesatzung, die ungefähr so italienisch ist wie Georg Milbradt. R. ist selbst eine begnadeter Pannacotta-Großmeister (An R.: Deine ist die beste!), verspeist aber das Tagesdessert Mascarponekreme mit Erdbeeren. Auch gut. Wir reiben uns die Bäuche und leiten die Verdauung mit einem tadellosen Espresso ein. Die Rechnung für ein Menü dieser Qualität ist absolut angemessen: frische Zutaten, ausgezeichneter Service, gute Weine, keines unserer Gerichte über 9 Euro - wir kommen wieder! Vielleicht zum Fischtag am Freitag, oder Brunch am ersten Sonntag im Monat. Schaun mer mal. Zwei weitere Gründe, nach Taucha zu fahren, wenn es sonst schon keine gibt.

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