Dienstag, 13. Februar 2007

Campus, die Mensa von Gohlis?


Normalerweise bin ich ein klassischer Warmzuabendesser. Den Mittag bringe ich mit Broten, einem kleinen Imbiss oder, noch schlimmer, mit gar nichts herum. Heute allerdings saß ich zur High Noon-Zeit mit dem guten A. zusammen, wir hackten etwas genervt an einer Webseite rum, hirnten über Texten, als er mich unverhofft mit den Worten "Mir hängt der Magen bis zu den Knien" vom Rechner wegzerrte. Weil außer Möhren nicht viel im Haus war, machten wir uns auf die Suche nach einem brauchbaren Mittagstisch. Sollte auch nicht zu teuer sein, A. schwebte was im Mensapreisniveau vor.

In Gohlis ist das mangels kaum vorhandener Hochschulen allerdings ziemlich schwierig zu finden - doch halt: seit neuestem gibt es mit dem Mediencampus im Poetenweg auch im Norden so etwas wie Uni. Und solche Orte haben immer auch so etwas wie eine Mensa. Die heißt hier Campus, nennt sich Restaurant und Bistro und hat mit der Mensa Petersteinweg so viel zu tun, wie gegrilltes Zanderfilet mit Hering in Tomatensoße. Schon das Ambiente (ein Wort aus versnobten Wohnzeitschriften á la H.O.M.E - hier passt es) lässt jede Assoziation an eine Studentenabfütterung sofort absurd erscheinen. Ein etwas schlauchiger, von hellen Glasfronten eingerahmter Raum, über ein Panoramafenster kann man schon von der Straße dem Kellner beim Bierzapfen zusehen. Wenn man den etwas versteckten Eingang gefunden hat, erwarten einen Zweiertische aus Holz mit Strohsets, elegante und trotzdem bequeme Bistrostühle.

Die Kellnerin sprintet heran, bringt die Getränkekarten. Etwas ratlos blättern wir im Weinangebot, wo stehen denn die Mittagsgerichte? Wir entdecken sie an einer Wandtafel, mit Kreide angeschrieben. Achtung Kurzsichtige: aus fünf Meter Entfernung ist das nicht ganz leicht zu entziffern, unsere Augen sind ok und so locken heute in verschmockter Haute-Cuisine-Prosa "Blattsalat an Jogurtdressing mit Garnelen", "Poulardenbrust in Parmesan-Ei-Hülle mit Kürbiskernnudeln und Tomatensoße" für 8 und 7,50 Euro. Klingt gut, ich bestelle mir die Poularde, A. ordert das Schweineragout für 6 Euro. Beilagen: Grüner Spargel (im Februar?) , Reis und Estragonsoße. Das "gelbe Linsensüppchen" (5 Euro) kann nichts dafür, dass heute niemand Linsen mag.

Dann warten wir. Etwa 20 Minuten. Das heißt, hier wird vermutlich frisch gekocht. Die Weinkarte ließ ich in dieser Zeit ungesehen zurückgehen - also bitte keine Fragen, welche Tropfen mir entgangen sind. Mr. B., der ebenfalls zu uns gestoßen ist, verzichtet ganz auf ein Getränk - kein Problem für die Bedienung, die unseren Tisch routiniert-professionell eindeckt. Dafür hält es Mr. B. für typischen "Wessischeiß", dass die Dame fragt, ob "die Speisen in Ordnung" seien. "Da weiß keiner, ob die das überhaupt ehrlich meinen, geht doch nur ums Verkaufen."

Soviel: Die Poularde schmeckt. Ja, sie ist zart, nicht trocken, genau gegart - und es wirklich eine Menge Fleisch. Die breiten Nudeln mit kleinen Kürbiskernstücken haben Biss und kommen mit genau der richtigen Menge sahniger Tomatensoße. Ich glaube, A. hätte sich auch besser für das Huhn entschieden - das Ragout sah zwar sehr appetitlich aus, nur war die Menge nicht gerade Heißhunger kompatibel. Der anschließende Latte Macciato machte ihn auch nicht satt und trieb A. nach dem Zahlen in den nächsten (von mir geschmähten) Kettenbäcker.

Jetzt bin ich etwas unentschieden, wie man merkt. Für einen Mittagstisch war es ganz nett, ich bin satt geworden, der Ort ist recht angenehm mit seiner luftigen Architektur, die Getränke sind auch ok. Der Laden ist schick, aber nix für den Studi. Möglicherweise liege ich mit der Annahme einfach falsch, denn der Student der "Technologies of Multimedia Production" zahlt immerhin 10.000 Euro für zwei Jahre Masterprogramm. Da sollte das kleine Radler für 2,20 Euro denn auch kein Problem sein. Und abends nach dem Seminar speist man mit den handverlesenen Kommilitonen die Variation von Edelfischen mit Safransoße, Zuckerschoten und Reis für 14,00 Euro.

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