Derzeit liefern sich die Berliner Zeitung und dieses Blog ein Kopf-an-Kopf-Rennen, wer zuerst DIE THEMEN "ins Blatt" bzw. "auf die Webseite" bringt. Vergangene Woche etwa stellten die Zeitungsmenschen zutreffend fest, dass guter Kuchen in dieser Stadt nicht eben leicht zu finden sei ("Hiesige Backformen", 5. September 08, S. 23. Leider nicht online verfügbar) - was Wasabi allerdings schon lääängst öffentlich diskutiert hatte.
In der aktuellen Wochenendausgabe waren die Zeitungsschreiber mit ihrer Rezension zur "Blaue Ente" schneller. Aber nur wegen meiner Schreibfaulheit nach unserem Frühstück in der "Ente" an einem der letzten Wochenenden. Dabei hinterließ die Gastwirtschaft am Berliner Stadtrand (Blankenfelde, Schildower Straße 3, Tel. 913 11 11) einen durchaus beschreibenswerten Eindruck.
Schon bei der Anfahrt muss man aufpassen, dass man nicht in eine Gänseherde rauscht, die vor dem Eingang patroulliert. Vorsicht: die Tierchen sind ziemlich wehrhaft. Auf Annäherungsversuche mit der Kamera reagieren sie mit Fauchen, Flügelschlagen und aggressivem Geschnatter.
In Blankenfelde kann der unvorsichtige Fotograf ganz schnell unter die Gänse kommen.
Wir schoben uns vorsichtig am Federvieh vorbei in den Biergarten und betraten ... eine Garage. Ja. Eine Garage, durch weißen Stoffbehang kaum zu als solche zu erkennen, geschmückt mit Teppichboden, Luftschlangen, Lichterketten und Lamettapalmen. Darin saßen Pulks der Generation 50+ im feinsten Sonntagsstaat an den Tischen. Umsäuselt wurde die Szenerie von den lieblichen Klängen deutscher Schlager.
Ich habe jetzt auch keine Idee - aber könnte man so leckere Käse nicht ein bisschen netter darbieten?
Das Brunchbüffet war recht umfangreich mit warmen Gerichten (Schweinebraten, Gulasch, Lasagne, Brokkolie, Reis, Kartoffeln) und nicht ganz billigen und interessanten Käsesorten bestückt. Letztere waren aber einfach nur lieblos hindrapiert und wie man mit diesem Messer den Parmesan aufschneiden soll, muss mir nochmal jemand erklären. Die Salatabteilung simulierte Vielfalt: gefühlte sechs Schüsseln mit dem gut gemachten aber in der Masse etwas eintönigen Waldorf- und Mayonaise-Kartoffelsalat.
Das nächste Mal bringe ich mein eigenes Messer mit. Dieser famose Wildschweinschinken hat nur wirklich keine stumpfen Klingen verdient.
Toll hätte die beiden Schinken sein können. Wenn denn der Wirt seinen Gästen ein scharfes Messer gönnte. So säbelte ich mühsam mit der stumpfen Klinge viel zu dicke und faserige Fleischstücke von den beiden Wild- und Hausschweinkeulen herunter. Das Ergebnis sieht nicht nur unhygienisch und unästhetisch aus, dünne Scheiben schmecken auch besser. Warum der Wirt das Fleisch nicht tellerfertig aufschneidet, bleibt sein Geheimnis.
Insgesamt sah das ganze Büffet schon etwas zerrupft aus, als wir gegen 11 Uhr ankamen. Die Schokomousse war so gut wie alle. Sie wurde nicht nachgefüllt, wie auch die Schüsseln mit dem sehr guten Rührei (mit und ohne Speck) . Motto: Was weg ist, ist weg. Dafür wurden wir per Krächzmikro vom DJ-Pult noch auf den Wildschweinbraten hinwiesen, der in unserer Runde aber keine Tester mehr fand. Wir waren nämlich schon beim Nachtisch und löffelten eine recht fade und etwas zu flüssige Rote Grütze.
Zum Frühstück (Preis: 7,50 Euro pro Person) tranken wir Brühkaffee (ok, aber eben Brühkaffee). Aber nur, weil wir angenommen hatte, er wäre im Preis inbegriffen. Denn als wir Platz nahmen, stellte uns die Bedienung ungefragt eine Thermoskanne auf den Tisch. Natürlich muss der Kaffee extra bezahlt werden. Zu entnehmen ist das einem A4-Zettel an der Tür zur Gastwirtschaft. Aber den sieht man erst gar nicht, wenn man die Frühstücksgarage auf direktem Weg durch den Biergarten ansteuert.
So hinterlässt die Blaue Ente mit ihrem Frühstücksbuffet einen eher zwiespältigen Eindruck. Den Testern der Berliner Zeitung ging es bei ihrem Essensbesuch ähnlich. Die fanden das Essen gut, aber manches lief auch bei ihrem Besuch auch nicht so richtig rund.
Die Qualität der angebotenen Sachen schwankt zwischen naja und sehr gut und richtet sich an Fleisch-Gemüse-Kartoffeln-Esser der Zielgruppe 50+. Bemüht und freundlich ist das Personal. Leider versäumt es, einen darauf hinzuweisen, dass die Kanne Kaffee eine ordentliche Stange Geld kostet. Am Ende zahlten wir im Durchschnitt 15 Euro pro Person. Dekoration und Musikuntermalung waren eher grenzwertig - aber für einen Brunch lässt sich das auch mal aushalten, wenn der Rest stimmen würde.
Vielleicht besuchen wir die "Blaue Ente" mal zu Abend, bestellen die "Poularde nach Christian Rach" (Chapeau dem Retter!) oder einen Gänsebraten. Der soll ja, wie die Berliner Zeitung schreibt, "den Gaumen freuen". Das Frühstücksbuffet muss nicht mehr sein. Aber ein schönes Frühstück á la Carte ist in der Regel sowieso fast überall die bessere Wahl. Oder was meint Ihr?
Doch das ist, frei nach Michael Ende, ein Geschichte, die ein andermal erzählt werden soll.
Update 17.9.: Die Umfrage "Brunchen in der Gaststätte - absolutes Muss oder Knieschuss?" musste vorzeitig beendet werden. Denn der verwendete Onlinedienst ließ jedesmal ein Werbefensterchen aufpoppen. Und das wollen wir doch nicht, oder?
Das Umfrageergebnis (drei! abgegebene Stimmen): zwei Besucher gaben an, nie frühstücken zu gehen, einem reicht ein normales Frühstück ohne Brunchbuffet mit Freunden.
2 Kommentare:
Mein Kommentar hat jetzt zugegebenermaßen nichts mit blauen Enten am Hut.
Ich bin so frei, und klinke mich jetzt einfach mal in den neuesten Post ein, um das Wort "lecker" auf den Prüfstand zu schicken.
In meinem süddeutsch geprägten Wortschatz gibt es dieses Wort nicht, und es brauchte lange, bishin zu meinem Umzug nach Berlin, um es zumindest in meinen passiven Wortschatz aufzunehmen.
Was das Wort bedeuten soll, das wissen wir ja, allerdings gibt es mir zu denken, wer dieses Wort alleweil benutzt.
Frauen mit selbsteingeredeten Fettallergien finden Pute lecker, Kochanfänger finden Erasco-Menus lecker, und Bauarbeiter morgens um Halbzehn diese Tankstellenbrötchen.
Mir scheint, das Wort "lecker" ist ein Qualitätskriterium der wenig Qualitätsbewussten geworden.
Ich mag dieses Wort nicht, weil es mich immer an Affen erinnert, die sich das Mäulchen nach einer besonders reifen Banane nochmal extra ablecken....ein primitives Wort, dessen man sich eigentlich enthalten sollte....
Ein geschätzter schottischer Mitbewohner, dessen Mutter Südafrikanerin war, sagte, dass er das Wort aus dem Wortschatz seiner Mutter kenne, die Afrikaans sprach, das wiederum eng mit dem Niederländischen verwandt ist.
Dagegen ist natürlich nichts einzuwenden, aber wenn mir einer sagt, dass mein Zwiebelrostbraten "lecker" war, dann bin ich als Schwabe schon fast versucht, mir mein Geld durch diverse verbotene Mittel wiederzuholen.
Grüße
Siehst du, wie du schon feststellst, versteht jeder unter "lecker" etwas anderes. Eben darum heißt das Blog "lecker essen", weil es darum geht, was wir Autoren subjektiv mögen. Natürlich haben wir dabei ein gewisses Sendungsbewusstsein, aber mir ist bewusst, dass mein Geschmacks- und Qualitätsmaßstab nicht allgemeingültig ist. Häufig lässt es sich ja auch gar nicht analytisch zergliedern, warum "es schmeckt", da sind wir vom Äffchen tatsächlich nicht weit entfernt. Ich kenne eine ganze Reihe von Leuten, denen Essen einfach nicht wichtig ist, ja die sich von unbekannten Geschmacksrichtungen überfordert fühlen und lieber tagein tagaus das essen, was sie kennen. Wenn denen ihr Nudelgratin mit Maggifix schmeckt und sie das als "lecker" bezeichnen, soll es mir recht sein, ich werde nicht Rohmilchemmentaler predigen, wenn andere mit gelben Scheiben mit eingestanzten Löchern zufrieden sind (solange ich nicht mitessen muss). Daher die Verwendung des zugegebenermaßen undifferenzierten Wortes "lecker".
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