Meiner eigenen kleinen Welterklärungstheorie zufolge machen nur Städte, die es sehr, sehr nötig haben, mit erklärenden Attributen auf sich aufmerksam. Bei richtigen Städten reicht der Name auf dem Ortsschild, jeder weiß, was gemeint ist, sie sind, was sie sind. Nicht jedoch bei Städten wie Hannover – der Expo- und Messestadt – oder gar der Gneisenaustadt Schildau, die sich wohl nicht getraut hat, als Schildbürgerstadt aufzutreten. Diese Attribute haben immer etwas unsouveränes – als müsse man dem Besucher gleich am Ortsschild einen Grund zum Bleiben liefern.
Fürth, der Mittelpunkt unserer kulinarischen Reise durch Franken, macht in dieser Hinsicht leider gleich dreifach eine schlechte Figur. Auf einem braunen Hinweisschild an der Autobahn stellt sich Fürth als „Solar- und Denkmalstadt Fürth“ vor. Solarstadt, meinetwegen, die Fürther haben Solarzellen auf ihrem Müllberg, und das haben wahrscheinlich nicht viele Städte. Denkmalstadt – wer schon mal in Fürth war, kommt da ins Grübeln, denn Spektakuläres gibt es dort nicht. Nun ja, Fürth hat die höchste Baudenkmaldichte Bayerns, gemessen an der Einwohnerzahl. Dieser Superlativ erinnert mich an die „älteste selbst produzierende Bäckerei in Nord-Gohlis“, in deren Nähe ich mal gewohnt habe. Letztes und neuestes Attribut auf dem gelben Ortsschild: Die „Wissenschaftsstadt Fürth“, die potentiellen Investoren sagen will: Hier seid ihr richtig!
Sollten die Fürther noch einen weiteren erklärenden Zusatz wünschen, hätte ich da einen Vorschlag: Dönerstadt Fürth. Ehrlich, den bisher besten Döner habe ich nicht in Berlin verspeist, sondern hier, in einem unauffälligen Laden namens Dürüm-Haus. In der Fürther Altstadt befindet sich vermutlich die höchste Dönerimbissdichte Bayerns, gemessen an der Einwohnerzahl. Wunderbarerweise führt dies nicht zu Dumpingexzessen mit Ein-Euro-Billigdönern wie in anderen Städten, sondern zu erhöhter Qualität: Döner besteht in Fürth tatsächlich aus echtem Fleisch. Einheimische berichten, dass zwar ab und an ein Imbissneuling versucht, mit dem herkömmlichen Schaumfleisch (Dank an Evelyn Roll von der Süddeutschen Zeitung für diesen präzisen wie anschaulichen Begriff) zu reüssieren, diese Experimente sind aber, trotz des geringeren Preises, nicht von langer Dauer.
Das Dürüm-Haus in der Königsstr. 98, schräg gegenüber vom sehenswerten Jüdischen Museum, sieht zugegeben wie ein ganz durchschnittlicher Dönerimbiss aus: Links eine Glastheke mit den Salatzutaten und etwas türkischem Gebäck, Sitzbänke und -Stühle mit Stoffpolstern in psychedelischen Mustern, vorne ein paar Spielautomaten, an der Rückwand eine wandfüllende Malerei, die einen Wasserfall darstellt. Döner im Fladenbrot (3 Euro) serviert der Chef selbst, seine Frau werkelt in der Küche und wärmt zum Beispiel die Suppen (Hühnersuppe, Linsensuppe, Kuttelsuppe). Das Fleisch ist erkennbar echtes Fleisch, von Hand aufgeschichtet und kräftig gewürzt. Auch Fladenbrot und Knoblauch-Joghurtsoße schmecken selbstgemacht. Außerdem kann man auch Lammspieße ordern, Salate, verschiedene Reismischungen und Gemüse.
Seit dem ersten Fürther Döner vor einigen Jahren habe ich dem Normaldöner abgeschworen und bin nun auf der Suche nach Döner in vergleichbarer Qualität. Im Leipziger Alexandrina in der Karl-Liebknecht-Straße gab es vor Jahren einmal auch solche Spieße – leider nur wenige Monate, dann stiegen sie auf das Billigprodukt um. Irgendwo im großen Berlin wird es Döner aus Fleisch geben, da bin ich mir sicher. Auf einem ersten Erkundungsgang über mehrere hundert Meter Sonnenallee – vom gleichnamigen S-Bahnhof nach Norden bis zur Wildenbruchstraße – sichtete ich leider nur Schaumfleisch in allerdings beeindruckenden Dimensionen. Ich hoffe auf Tipps von kundigen Lesern.
1 Kommentar:
Vollkommen richtig - der ist echt besser als alle anderen!
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