Vor einiger Zeit irrte ich über den Leipziger Wochenmarkt, getrieben von dem Gedanken, was ich am Abend kochen könnte. Und auf der Suche nach Brot, denn die geschmacksarmen, trockenen Schnellprodukte des Kettenbäckers an der Ecke öden mich einfach nur noch an. Das Zeug schmeckt nicht einmal, wenn es frisch aus dem Backautomaten kommt.
Also, wie gesagt, ich schleiche durch die Budenreihen, als sich mein Blick auf einen bisher ungesehenen Wagen heftet, dessen Aufschrift mir sagt: hier gibt es Biobrot. Als ich stehen bleibe, hält mir ein älterer, etwas hektischer Mann einen Korb voller Minibrötchen unter die Nase. Ich solle unbedingt probieren! Selbst der Marktleiter, der gerade seine Standgebühren eintreibt, wird zum Verzehr genötigt. Das Brötchen ist mit Rosmarin gewürzt, knuspert angenehm - ich komme in Kaufstimmung. Schließlich gehe ich mit zwei Laugenbrezen und einem Viertellaib dunklen Bauernbrot nach Hause. Nicht billig, aber ist ja Bio. Ein paar Stunden später ist bereits die Hälfte vernichtet, mein Butterbrotkonsum steigt geradezu unanständig an. Die Brezen: ein Genuss, angenehmer Laugengeschmack, zart-knusprig, saftiger Teig. Gebäck, wie ich es seit Jahren, ja seit Jahren nicht bekommen habe.
Inzwischen ist die Bäckerei Drescher aus dem Leipziger Waldstraßenviertel, so heißt dieser famose Laden nämlich, mein absoluter Favorit unter den Leipziger Bäckern. Gestern holte ich mir auf den Nachhauseweg eine Dinkelstange. Das arme Ding kam niemals in meiner Wohnung an. Ehrlich gesagt hat es keine 400 Meter Fußweg überlebt, die Knusprigkeit und der vollmundige Geschmack ließen mir leider keine andere Wahl. Warum das so ist? Wahrscheinlich, weil die beiden Geschäftsinhaber aus Bayern und dem bayerischen Schwaben kommen. Und dort im Süden versteht man sich einfach (leider auch zunehmend weniger) auf hervorragende Bauernbrote - schön, dass diese Qualität jetzt auch in Leipzig zu finden ist.
So, und jetzt gehe ich in die Küche, säble mir einen schönen Kanten von dem hellen Bauernbrot von gestern ab (tolle Kruste, saftiger Teig!) und schmier' mir schön Süßrahmbutter drauf. Jawohl. Und der Kettenbäcker gegenüber kann sein Fabrikbrot an jemand anders verkaufen, auch wenn der Kram ein Drittel billiger ist.
Zur Ehrenrettung des Handwerks muss ich aber sagen, dass es in dieser Stadt noch ein paar andere durchaus respektable Meister in diesem Gewerbe gibt. Und die werde ich natürlich auch noch vorstellen, in einer der kommenden Folgen in diesem Blog.
7 Kommentare:
Herrlich. Ich werde Stammleser!
Ich warne davor, dieses Blog nach 23 Uhr zu lesen. In meinem fortgeschrittenen Alter von Noch-31 jedenfalls tut mir spätes Essen seit einem halben Jahr nicht mehr gut, ich schlafe dann schlecht. Und der Herr ichliebegutesessen macht mich hungrig. Bzw. das, was er so verfasst. Aber ansonsten ist hier alles ok, was der leckeresseninleipzig so erzählt.
So viel ich weiß, ist die Geschichte von Bäcker Drescher etwas anders. Die Bayern, denen das Geschäft gehört, vermarkten, was der alte Ossi-Bäcker(geselle oder -meister) backt. Das Schöne dabei: Hier kommen gutes Marketing und gute Qualität zusammen, was ja sehr selten ist. Allerdings sind die Preise trotz Bio übertrieben. Empfehle den Vergleich mit den Bio-Sachen von Bäcker Scholz in Markkleeberg.
Ist mir relativ schnuppe, ob der Bäcker Drescher persönlich backt - solange das Ergebnis stimmt. Preise sind immer relativ. Wenn ich erst bis Markkleeberg zum Bäcker fahren muss, dann kostet die Anfahrt ja auch was. Aber wenn ich mal in Markkleeberg bin, statte ich dem Bäcker Scholz ganz sicher einen Besuch ab. Bin neugierig. Hat der auch Brezen?
Brotbrotbrot!!! Siehe Link.
Der Steffen in der Bäckerei ist wie der Elefant im Porzellanladen. Bevor ich mich besinnen konnte, muffelte ich die Theken-Bedienung an: "Frisch? Heißt das, wenn ich das Brötchen in zwei Stunden aufschneide, dass es mir dabei explodiert?"
Sie nahms recht locker - klaro, die verbricht sowas nicht, die backt höchstens Zuhause. Ich erklärte dann noch: "Ich finde es blöd, wenn ich ein frisches Brötchen über der Spüle aufschneiden muss, weil ich ansonsten die Küche aussaugen darf." Denn so sind die miesen, frischen "Bäcker"-Brötchen heute meist. Die krümeln wie Hölle. Und Ehre im Laib, aber Luft ohne Ende.
Ging doch früher auch, und da kosteten die nicht 20 bis 25 Cent, sondern 5 Ost-Pfennig! Ich klinge zwar wie ein Pensionär, aber ich will mal für die gigantische Summe von 20 Cent ein Brötchen, dass nicht 10 Stunden später trocken genug für Eselskinnbacken ist.
PS. Vor längerer Zeit wurden Bäcker, deren Ware zu bemängeln war (z.B. mehr Hefe -> mehr Luft -> mehr Brot) einfach längere Zeit in einen Fluss untergetaucht.
Hier legt das Kriminalmuseum in Rothenburg o.d. Tauber beredt Zeugniss ab: Bäcker, deren Brotlaibe zu klein waren, oder zu wenig Mehl enthielten, wurden in eiserne Käfige gesperrt und im Fluss versenkt. Nach kurzer Zeit wurde diese wieder heraufgezogen, und die Prozedur wiederholte sich.
Ähm, keine Ehre im Laib, natürlich. Keine.
Ja, es stimmt, vieles was Herr Drescher macht ist wirklich hervorragend. Was ich bei ihm aber schmerzlich vermisse sind Bachvermentbrote wie wir Berliner sie von der UfA-Fabrik oder vom Backstern kennen. Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden...
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