Montag, 27. April 2009

Heute bleibt die Küche kalt

... aber wir gehen nicht in den Wienerwald, nein, wir gehen in den Supermarkt um die Ecke und kaufen uns eine 300 g-Packung Matjesfilets in Öl ohne Firlefanz, die keineswegs teuer sein muss (gibt's schon für einen Euro). Denn viel zu oft vergesse ich diese Delikatesse und dass man sie so einfach zu einem leckeren Essen verarbeiten kann. Ursprünglich hatte ich ja starke Vorbehalte gegenüber dieser in der Regel brutal versalzenen Fertigfischware. Dann bekam ich aber mit, dass selbst meine Bekannten in der selbsternannten deutschen Matjeshauptstadt Glückstadt (mit jährlich stattfindenden Festwochen) ihre Filets beim Discounter kaufen und daraus herrliche Dinge zaubern - und das nicht nur in der Saison (Mai/Juni).


Der Trick liegt also weniger in der Qualität der Ausgangsware als in ihrer Bearbeitung. Und die besteht primär aus dem Entsalzen. Ein wenig Zeit sollte man also einplanen, um die vier bis fünf jung dahingeschiedenen Fischlein (das Öl aus der Packung kann man getrost dem Abfluss übereignen) zweimal jeweils zwei bis drei Stunden (ggf. auch mehr) in kaltem Wasser baden zu lassen, das dann abgegossen wird. Dann werden sie ordentlich getrocknet (mit Sieb atropfen lassen und/oder mit Küchenpapier abtupfen), kleingeschnitten und können zu mannigfaltigen Salaten verarbeitet werden. Meine Spar- und trotzdem Lieblingsversion beinhaltet noch Folgendes (für eine egoistische Person):

1/2 Päckchen Sahne
ein halber, nicht allzu süßer Apfel
eine halbe große Zwiebel
eine große saure Gurke
Pfeffer
Paprikapulver (rosenscharf)

Die Zwiebel wird in dünne Ringe geschnitten, der geschälte und entkernte Apfel und die Gurke verarbeite ich zu kleinen Würfeln mit ca. 1 cm Kantenlänge. Das alles wird zusammen mit den Matjesstücken, der Sahne und den Gewürzen in eine Schüssel gegeben, verrührt und mit Folie abgedeckt. Ein kleiner Schuss Knoblauchöl schadet auch nicht. Das Gemisch wird bei niedriger Zimmertemperatur noch einmal mindestens vier Stunden stehen gelassen. Je länger es durchzieht, desto besser schmeckt das Endergebnis. (Aber nach spätestens nach einem halben Tag ab damit in den Kühlschrank!) Zwischendurch kann man hin und wieder noch einmal nachrühren.


Das Ergebnis kann man dann gerade in warmen Jahreszeiten hervorragend mit frischem dunklen Brot oder jahreszeitlich passenden Pellkartoffeln verspeisen. Als Getränk drängt sich dazu ein herbes norddeutsches Bier (Jever oder Flensburger) nahezu auf. Das Gericht hat den Vorteil, dass Aufwand und Fehlerrisiko minimal sind. Allerdings sollte man am Tag der Zubereitung zu Hause sein, um immer mal wieder einen kleinen Arbeitsgang einzuschieben. Dabei wächst dann gleichzeitig die Vorfreude auf's Essen.

10 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Matjes aus dem Supermarkt....das habe ich auch schon mal probiert.
Aber meistens gibt es Hering nach "Matjesart" oder "nordische Art"....beide vollgepumpt mit Zucker, Aromen und Geschmacksverstärkern.
Ich will nicht lamentieren, aber diesen Fischabfall muss ich nun wirklich nicht essen.

Anonym hat gesagt…

@Eintopf
Ich muss nochmal nachfragen....
In eurem Blog treffe ich immer wieder auf Lobhudeleien auf Lebensmitteln, die man vielleicht essen kann weil sie nicht ganz so schlecht sind, wie der überwiegende Rest.
Aber ist weniger schlecht als der Rest genug?
Ich gebe auch zu, bei Discountern das eine oder andere zu kaufen, aber mit diesen Geschmacksverstärkern kann ich mich beim besten Willen nicht arrangieren.
Und diese Fischimitaionen sind halt nichts anderes als industriell hergestellte Verbraucherverarsche.
Wer sowas essen will, der esse das, aber mit Besser Essen hat das wirklich nichts zu tun.

Euer Blog wird enttäuschend langweilig in letzter Zeit

Wasabi hat gesagt…

Lieber Kommentator, wenn ich mich da mal einmischen darf: Du hast ja Recht, hier ist es nicht mehr so wie früher. Der Umzug nach Berlin hat die Lebensumstände des Lecker-Essen-Haushaltes stark verändert. GutesEssen wollte den Laden hier schon zumachen, weil ihm die Zeit und die Lust fehlt, launige Artikel zu verfassen (auch wenn z.B. seine jüngsten Erlebnisse mit Sauerteig durchaus berichtenswert wären!). Ich hingegen schreibe vor allem auf einer anderen Baustelle, so dass wir recht froh sind, dass Eintopf aus Leipzig unsere Mannschaft verstärkt. Mit eigenem Akzent, wir sind in Essensdingen durchaus auch nicht immer alle einer Meinung - aber hier geht es auch ausdrücklich nicht ums "Besser essen", was mir apodiktisch und überheblich vorkäme - subjektiv lecker reicht.
Ob es hier noch einmal "wie früher" werden wird, kann ich nicht sagen - das hängt unter anderem von der zukünftigen Verteilung von Ressourcen wie Zeit und Geld ab. Leider verhalten die sich ja meistens reziprok zueinander.

Wasabi hat gesagt…

Ach ja, damit es hier mal konstruktiv wird: Wo kaufst du denn deinen Matjes, und was kaufst du dann genau? Welcher Hering eignet sich denn deiner Meinung nach besonders für Heringssalat?

viele grüße, Wasabi

Anonym hat gesagt…

Matjes kaufe ich bevorzugt beim Fischhändler meines Vertrauens, meist im Frühling, wenn es den frischen holländischen gibt.
Der ist einfach zarter, delikater und nicht so penetrant im Geschmack wie die Supermarktware.
Apropos versalzen: Davon, dass man Matjes entsalzen muss habe ich noch nie gehört...bei Salzheringen ist das ja was anderes, aber ein guter Matjes ist nur sehr mild gesalzen und bedarf doch eigentlich dieser Prozedur nicht?

Zur "nordischen Art": Zucker, Öl, Konservierungsmittel, Geschmacksverstärker.....brrrr.

Zu "nach Matjesart": Dieselben Zutaten wie oben, aber der Fisch ist ein ganz gewöhnlicher, ausgewachsener Hering....da wird mit vielen Tricks und billigen Zutaten ein Produkt imitiert....
Grüße

Eintopf hat gesagt…

Lieber Anonymus,

es ist an dieser Stelle zwar schon einige Male erwähnt worden, aber ich schreib's zur Sicherheit nochmal: Es geht nicht um gutes oder schlechtes (alternativ: teures oder billiges, natürliches oder künstliches, elitäres oder durchschnittliches) Essen, sondern um - wie der Name schon sagt - leckeres Essen. Und ein leckeres Essen ist wie ein Witz - nicht jeder kann darüber lachen und man wird ihn nicht dadurch witzig machen, dass man ihn erklärt. Entweder man lacht von selbst oder nicht, und darüber wird selten debattiert. "Schmeckt mir nicht" heißt also in etwa so viel wie "finde ich nicht witzig." Ja, und?

Darüber hinaus schreiben hier, wie Wasabi bereits richtig erklärte, drei Menschen mit drei Geschmäckern. Jeder hat seine Lieblinge und seine Gruselkandidaten (und jeder Leser ebenso). Ich bemühe mich beispielsweise u.a. darum, den Gourmetkanon zu hinterfragen, der oft dogmatisch von Dekalog-artigen Prämissen (verpackt = ekelhaft, Konservierungsstoffe = bäh, aus dem eigenen Garten = Weltklasse) ausgeht. Dass der funktioniert, kann man prima an den Blog-Kommentaren ablesen - sobald sich jemand erdreistet, ein niederpreisiges Produkt zu erwähnen, ohne es als "fürchterlich" zu apostrophieren, bricht ein Sturm des Entsetzens los.

Aber ebenso viele Leute, die gerne auch richtig Geld für gute Speisen und Getränke ausgeben, greifen in zeit- und/oder geldarmen Zeiten immer wieder mal auf Preiswertes, ja gar Billiges zurück. Das ist gelegentlich auch eine Frage der Verfügbarkeit (den Lieblingsfleischer kann man eben nicht in den Urlaub oder zum Stipendienaufenthalt mitnehmen). Nur dass man ungern laut darüber spricht. Und eben das tue ich - und stehe offensichtlich nicht ganz allein da, wenn man z. B. der Schmelzkäse-Rezension von GutesEssen Glauben schenken darf. Aber keine Sorge, es gibt genügend Billigkram, den ich wahrscheinlich genauso ungenießbar finde wie du.

Und noch kurz zum Speziafall Matjes: Der verpackte hat eben den benannten Nachteil, zur Konservierung gesalzen worden zu sein, so dass er ungewässert kaum genießbar ist. Ich würde ihn auch nicht pur essen wollen. Für Salate hingegen ist er hingegen entsalzen durchaus geeignet und hat den Vorteil, dass man nicht bis Mai warten oder an die Küste umziehen muss.

steffenh hat gesagt…

Ich mag echt keinen Matjes. Trotzdem wird mein Mund wässrig angesichts des Fotos. Ich geh dann mal zum Pschyschologen.

Anonym hat gesagt…

Hallo Eintopf
Da es hier ja wohl nicht um gutes/schlechtes, billiges/teures, natürlich/künstliches oder elitäres/durchschnittliches Essen geht, sondern um leckeres Essen , habe ich beschlossen, nicht mehr weiterzulesen.
Das Wort "lecker" ist mir ein Graus, und mein Essen schmeckt hoffentlich niemals lecker, sondern gut.
Ein leckeres Essen ist wie Himbeereis zum Kindergeburtstag...damit will ich nichts zu tun haben.
Auf Wiedersehn

Silke hat gesagt…

Vielen Dank für das interessante Rezept und die Erklärungen!

Weiter so!

Anonym hat gesagt…

Ich muss mich Eintopf anschliessen. Bloss weil manche Dinge verpackt sind und vom Discounter stammen statt aus dem Delikatessengeschaeft muss das noch lange nicht heissen, dass sie nicht schmecken. Was Matjesfilets angeht habe ich auch nie frische kennengelernt, aber fuer einen Heringssalat eignen sie sich alle mal. Solange sie einfach in Oel gepackt und nicht mit zusaetzlichen Geschmacks- und Farbstoffen gespickt sind sind sie in Ordnung. Und ob der resultierende Heringssalat nun gut oder lecker schmeckt...die Frage artet ja nun schon in pseudoelitaeres Geschwaetz aus!

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