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Dienstag, 21. Oktober 2008
Schmelzkäse können sie in Sangerhausen
Für zwei Dinge ist die kleine Stadt im Harzvorland berühmt - für eines zu unrecht. Da gibt es einmal das Rosarium. Das muss man sich als endlose Ansammlung von Beeten mit unglaublich vielen Rentnern in beigen Jacken und Hosen dazwischen vorstellen. Ganz nett anzusehen wenn die Blumen blühen; den überwiegenden Rest des Jahres ist es einfach nur stinklangweilig. Vom Kupferbergbau ist nichts mehr übrig, die Geschichte mit Schaubergwerk, Lehrpfad und Museum ist das zweite touristische Standbein.
Und dann gibt es das Käsewerk. Unbekannt, aber erwähnenswert. Das duftet möglicherweise auch - was ich aber noch nicht überprüft habe - hat aber den Vorteil, das ganze Jahr über wirklich guten Schmelzkäse zu produzieren und bis Berlin zu liefern.
Schmelzkäse. Bemerke ich da verstohlenes Naserümpfen? Peinlich berührtes Räuspern? Lassen wir doch das einen Augenblick mit dem ewigen Rohmilchbergkäse, dem Chèvre, tête des moines und was so - Gottseidank - mittlerweile die deutschen Kühltheken bevölkert. Ich will das mal klarstellen: Gut gemachter Schmelzkäse ist ein recht netter Brotaufstrich, idealerweise für den Imbiss zwischendurch, das Pausenbrot, den Heißhungerdämpfer am Abend. Und außerdem ist es - wie so vieles bei mir - mit positiven Kindheitsgeschmackserinnerungen verbunden.
Jahrelang hatte ich keinen gegessen und ihn selbst im Hotel gemieden - aber als ich kürzlich vor dem Dauerkäseregal stand, blinkten mich die goldgelben Aluverpackungen des Sangerhäuser Käsewerks unwiderstehlich an. Ich griff zu, unter Wasabis spöttischem Blick. Ihrem Hinweis "Das ist doch kein Käse" will ich gar nicht widersprechen.
Es handelt sich um ein Gemenge aus Käse, Butter, Milcheiweiß. Wasser und Schmelzsalzen. Je nach Sorte sind dann noch Champignons, Tomatenmark, Schinkenstücke und Gemüsespuren eingearbeitet. Und keine Aromazusätze, weder natürlich, künstlich noch naturidentisch, wie sie sonst überall aus der Hexenküche von Holzminden zum Einsatz kommen.
Ich bin zwar kein Kind der untergegangenen DDR, aber früher gab es auch im Westen Marken, die in dieser Alufolie ohne praktischen Aufreißfaden ausgeliefert wurden. Es ist diese Sorte, die sich schon beim Öffnen in streifige Fetzen zerlegt. Und sollte das nicht passieren, ist es praktisch unmöglich, die kremige Masse herauszukratzen, ohne die Packung vollkommen zu zerknittern. Bisweilen verfrachtet man unbemerkt kleine Alustücke auf's Brot, was dann beim Kontakt mit der Amalgamfüllung für überraschende Schockeffekte sorgt.
Das aber ist das Produkt aus der Käsefabrik des leider ansonsten recht uninteressanten Städchens allemal wert. Sogar Wasabi begann, sich Brote mit dem Champignon-Schmelzkäse nicht nur zu schmieren. Sie aß sie auch noch auf.
Gefunden im Kaufland Lichtenberg im Victoria-Center.
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