Während Wasabi und Gutes Essen südlich von Berlin ihre Nasen in Teller und Näpfe steckten, habe ich im Norden erkundet, was die Küchen so hergeben. Hiddensee war mein Reiseziel und leider ließ sich mein grippaler Infekt partout nicht dazu überreden, zu Hause zu bleiben. So musste ich ihn mitnehmen und somit auch eine partielle Appetitlosigkeit. Was immerhin die Bestellung erleichterte - wenn einem schon an jeder Ecke Sanddornprodukte hinterher geworfen werden, kann man wenigstens seinen geschundenen Hals mit einem labenden heißen Sanddornsaft befrieden. Ob's auch im gesunden Zustand mundet, ist Geschmackssache.
Da nun Festnahrung nicht das Ziel der Träume war, ließ sich das Lokalkolorit wenigstens in Form von Fischsuppe ausnutzen. Zu diesem Zwecke suchten wir auf eine Leipziger Empfehlung hin das Fischrestaurant "Zum Enddorn" in Grieben auf, zu dem man erst mal einen ordentlichen Spaziergang einlegen muss. Wer es gerne weiträumig und elegant hat, ist da sicher fehl am Platz. Selbst die Flyer, die weiträumig über die Insel verteilt sind, geben offen zu, dass die Räume mit maritimem Schnickschnack vollgestopft sind. Und natürlich auch mit dem nicht weniger raumgreifenden Chef. Bei dem orderte ich dann die erwähnte Fischsuppe sowie als Sättigungsbeilage eine - was für ein Flachwitz angesichts des Ortsnamens - Griebenschmalzstulle. Die Kellnerin mit slawischem Migrationshintergrund ließ mich noch Tage später grübeln, was wohl die Mitteilung, "die Stulle dauere noch ein bisschen" bedeuten solle. Denn wider meine Erwartung war der Teller zwar mit (leicht bitterem) Salat voll, darunter verbargen sich aber Schmalzbrote, wie ich sie mir jeden Abend für einen Bruchteil der Kosten aus Supermarktschmalz schmieren kann. Ganz anders der erste Eindruck der Suppe: Eine wahre Wacholderwand brach über mich herein. So würzig schmeckte die reichhaltige Suppe dann auch, leider waren die Fischstücken total vergrätet. Gerade bei Suppen ist das Rausfummeln von Gräten weder spaßig noch ästhetisch.
Nicht zuletzt aus diesem Grund ließ ich es mir nicht nehmen, am nächsten Abend die Probe aufs Exempel zu machen und einige Kilometer südlich, im krempelfreien "Wieseneck" von Kloster, nochmal Fischuppe zu bestellen, zumal der Magen ohnehin noch wenig Lust auf Festes hatte. Der Preis war vergleichbar (ca. 5 €), folglich erschien es nur logisch, dass auch die Suppenschüssel (dieser weiße Typ mit Löwenköpfen als Henkel, der auch in einigen Kramläden billig zu bekommen ist) identisch war. Glücklicherweise bezog sich das auf nicht auf den Inhalt, denn der war in diesem Falle wesentlich grätenärmer, um nicht zu sagen: grätenfrei. Leider wurde dabei auch an Gewürzen gespart und auch das Gemüse war in Anzahl und Vielfalt überschaubar. Immerhin kam ich, weil das Grätenpuzzeln ausfiel, diesmal in den Genuss einer warmen Suppe.
Auf einen dritten Versuch hatte ich am Silvesterabend dann keine Lust mehr, zumal sich auch meine Verdauung langsam normalisiert hatte. Folglich übersprang ich in der "Buhne XI" in Vitte - direkt hinter der Düne gelegen und ebenfalls vollgekrempelt, diesmal aber nicht maritim - die Suppenkarte und widmete mich dem Fisch. Zum Glück hatte ich einen Mitstreiter, um die große Fischplatte für zwei Personen zum Preis von ca. 30 EUR zu ordern. Diese hätte problemlos auch drei Leute satt bekommen, denn vier Sorten Fisch tummelten sich darauf in jeweils doppelter Ausführung: Dorsch, Forelle, Lachs und eine mir peinlicherweise entfallene vierte Sorte. Beim Knuspern wusste ich dann auch wieder, warum man Fisch am besten direkt am Wasser verspeist - selten wird er so gekonnt zubereitet. Es waren zwar alle Sorten auf die gleiche Weise gebraten, das aber genau auf den Punkt (also außen knusprig, innen weich und nicht trocken) und mit keinem Gramm Gewürz zu viel oder zu wenig. Vegetarier sollten sich allerdings vielleicht eine andere Buhne suchen, denn der Spinat-Mozzarella-Auflauf unserer Dritten im Bunde bestand im Wesentlichen aus diesen beiden Komponenten und zu viel Salz - sonst nichts.
Abschließend sei noch eine Reisewarnung ausgesprochen. Mit Sicherheit ist meine Studie nicht repräsentativ, aber die Stichprobe ergab ein erschreckendes Ergebnis: Ich habe auf Hiddensee nicht eine einzige gut gebratene Kartoffel zu Gesicht bekommen. Während ich an der Nordsee selbst in der letzten Hinterhofkaschemme noch Bratkartoffeln bekam, die jedes Inlandsprodukt in den Sack steckten, scheint das Ostsee-Ideal zumindest westlich von Rügen labbrig, dünn, fettig, zu sehr oder zu schwach gesalzen und maximal am Rand ein wenig braun zu sein. Den Hiddenseer Köchen möchte ich raten, mehr Lecker essen in Berlin zu lesen, speziell Wasabis bewährtes Bratkartoffel-Rezept.
2 Kommentare:
War vor zwei Jahren einen Tag auf Hiddensee und habe dort die köstlichsten Bratkartoffeln meines Lebens verzehrt. Weiß leider nicht mehr, wo... Denke in Kloster.
Dein Urteil ist ja diesbezüglich vernichtend. In wievielen Restaurants hast Du denn Bratkartoffeln gegessen?
Wie ausdrücklich geschrieben handelte es sich um eine "Stichprobe", die keinesfalls repräsentativ war - ich konnte nicht die ganze Insel abklappern und in jedem Restaurant wechselt mal der Koch oder hat einen schlechten Tag. Probiert habe ich die Bratkartoffeln in allen genannten Restaurants und sie ähnelten sich auf erschreckende Weise. Schade, dass du dich an deinen "Tatort" nicht mehr erinnern kannst, zu gerne hätte ich dort mal in was Braunes, Knackiges gebissen.
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